Außerordentlicher Bundestag DFB winkt Regionalliga-Reform und Akademie durch
Frankfurt/Main (dpa) - Die Regionalliga-Reform gerade noch gerettet, das Mega-Bauvorhaben Akademie genehmigt und dann auch noch den neuen Ehrenspielführer Philipp Lahm als EM-Botschafter gewonnen.
DFB-Boss Reinhard Grindel verspürte nach dem fast vierstündigen Außerordentlichen Bundestag Grund zur Zufriedenheit. Der Name „Saal Harmonie“ war Programm in der Frankfurter Messe, denn die 259 Delegierten winkten lange enorm schwierige Projekte größtenteils einstimmig durch.
„Wir sind keine Betonköpfe“, sagte Grindel. „Das war ein außerordentlich guter Bundestag, den man besonders dann einordnen kann, wenn man sich noch einmal anschaut: Wie waren denn die Prognosen für die Themen, die wir heute beschlossen haben?“, erinnerte er an zähe Verhandlungen im Vorfeld der Vollversammlung.
Es waren jedoch die Zwischentöne und kleinen Signale, die zeigten, dass der Verbandschef beim viel gepriesenen „Bau des neuen DFB“ noch einige Arbeit vor sich hat. Ungewöhnlich verhalten fiel der Applaus der Funktionäre für Grindels Rede aus, nicht vergleichbar mit dem Zuspruch, den Weltmeister-Kapitän Lahm und sein Laudator Joachim Löw für ihre Auftritte bekamen.
Noch vor der Abstimmung über den nur für zwei Jahre gültigen Last-Minute-Konsens zur Aufstiegsregelung zur 3. Liga wurde von Amateur-Clubs aus dem Westen radikale Kritik laut. Und auch das Verhältnis zu den Proficlubs gleicht weiter einer Zweckgemeinschaft. Die einstimmige Bestätigung des Grundlagenvertrages funktioniert, weil sie funktionieren muss. Aber unterschiedliche Sichtweisen wurden gerade beim Dauerthema Schiedsrichter offenkundig.
„Hören wir endlich auf, uns einreden zu lassen, wir hätten eine Krise im Schiedsrichter-Wesen“, sagte Grindel. Die deutschen Referees seien „die besten der Welt“. Da mahnte Ligapräsident Reinhard Rauball nur wenige Minuten später in seinem Grußwort: „Im Schiedsrichter-Wesen gibt es Handlungsbedarf, der nicht ignoriert werden darf.“
Rauball war es auch, der in seiner Rede mahnende Worte fand: „Ich bin von einem überzeugt: Was der Deutsche Fußball-Bund in den nächsten Jahren braucht, ist Kontinuität und Stabilität. Er muss wieder zur Ruhe kommen. Die Zukunft wird kein Selbstläufer.“ Grindels Dilemma bleibt, dass er im riesigen Spannungsfeld der Interessen agieren muss und die Konfliktparteien selten stressfrei an einen Tisch bringt.
Beim Thema Regionalliga-Reform war das nach langen Debatten noch gelungen. Mit elf Gegenstimmen wurde die Regelung letztlich bewilligt. Doch befriedet scheint das regional zerstrittene Amateurlager nicht. „Es fehlt einfach an einer klaren Linie. Ich kann das alles nicht nachvollziehen, will mich aber auch nicht mehr ärgern. Wir können das alles, was die Herren da oben entscheiden, nicht ändern“, wetterte der Sportvorstand von Viktoria Köln, Franz Wunderlich in einer Umfrage von „Reviersport“. „Ich bin jetzt 59 Jahre alt und weiß nicht, was die Herren da beim DFB veranstalten“, sagte Hajo Sommers von Rot-Weiß Oberhausen.
Grindel reagierte umgehend auf die Kritik: „Wir mussten einen Weg finden, der besser ist als der bisherige. Und ich sage jetzt auch jedem, der sich jetzt äußert: 'Guckt euch das genau an.' Und dann sollten wir alle die Tassen im Schrank halten. Jeder Regionalligist und jeder Drittligist ist eingeladen, Teil der Lösung zu werden und nicht neue Probleme zu schaffen.“
Bis 2019 muss eine Arbeitsgruppe für eine Dauerlösung sorgen. Bis dahin gilt für zwei Spielzeiten: vier Aufsteiger statt drei, einer kommt immer aus der Regionalliga Südwest. Die Regionalliga Nord-Ost stellt einen Aufsteiger in der Spielzeit 2018/19. Ein weiteres Aufstiegsrecht wird für den Meister aus dem Norden, Westen oder Bayern vor der Saison ausgelost. Die beiden Los-Verlierer ermitteln in Playoffs den vierten Aufsteiger. In der folgenden Saison haben die Ligen Aufstiegsrecht, die zuvor die Playoffs bestritten haben.
Einstimmig wurde der Bau der neuen Akademie in Frankfurt bewilligt. Nach jahrelangen rechtlichen Streitigkeiten zwischen der Stadt Frankfurt und dem Betreiber der bisherigen Galopprennbahn hofft der DFB auf einen Baubeginn im kommenden Sommer, kurz vor dem Abflug der Nationalmannschaft zur WM nach Russland. „Wir sind froh, dass wir das Maß an Rechtssicherheit haben, dass wir das Jahrhundertprojekt realisieren können“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. 2021 soll der Neubau spätestens bezugsfertig sein.
Emotionaler Höhepunkt des Bundestages war aber die Benennung von Lahm zum Ehrenspielführer und Botschafter für die EM-Bewerbung 2024. „Du bist ein Vorbild, zu dem andere aufschauen. So warst du ein ganz wichtiger Faktor für die tolle Entwicklung der Nationalmannschaft über mehrere Jahre“, betonte Laudator Joachim Löw und bezeichnete seinen früheren Musterschüler als „Weltfußballer des Jahrzehnts.“