Albanien zwischen Euphorie und Sorge
Perros-Guirec (dpa) - Das größte Talent des Landes ist vergrätzt, etliche könnten sich ganz abwenden: In die riesige Euphorie in Albanien über die erste EM-Teilnahme überhaupt mischt sich vor dem Turnierbeginn die Sorge um die Zukunft.
Nach der Aufnahme des Kosovo in die Fußballverbände FIFA und UEFA im Mai droht Albanien, eine ganze Spielergeneration zu verlieren. Milot Rashica ist einer dieser hoffnungsvollen Spieler. Der 19-Jährige gilt als Jahrhunderttalent in Albanien und hat Interessenten aus ganz Europa, laut Berater Altin Lala sind auch Anfragen aus der Bundesliga dabei. Für die EM wurde der Offensivspieler von Vitesse Arnhem von Nationalcoach Gianni De Biasi aber nicht berücksichtigt. Nun denkt der enttäuschte Rashica über künftige Einsätze für den Kosovo nach. „Auf jeden Fall ist das eine Option. Er hat bis zu seinem 18. Lebensjahr im Kosovo gelebt“, sagte Lala der Deutschen Presse-Agentur.
Auch im aktuellen albanischen Kader für die Europameisterschaft stehen etliche Spieler, die für den Kosovo spielberechtigt wären. Darunter auch Mergim Mavraj vom 1. FC Köln. In zehn Jahren würde er für den Kosovo und nicht für Albanien spielen, gestand der Abwehrspieler zuletzt im „Kicker“, betonte aber zugleich: „Doch für mich kommt ein Wechsel nicht infrage, allein schon aus Dankbarkeit gegenüber dem Verband.“
Dass das aktuelle Team nach der EM zerfällt, ist zwar unwahrscheinlich. Zumal noch unklar ist, ob Nationalspieler, die bereits Pflichtspiele für Albanien absolviert haben, künftig für den Kosovo spielberechtigt wären.
Trotzdem sieht nicht nur der frühere Bundesligaprofi Lala die aktuelle Situation als „große Herausforderung“ für Albanien. Mavraj sieht sogar ganz schwarz. „Die Generation, die nach uns kommt, wird sich komplett für den Kosovo entscheiden“, prophezeite der 30-Jährige. Auch er sieht nach der EM viel Arbeit auf den Verband zukommen. „Man muss jetzt die Basis legen und die vielen jungen albanischen Spieler, die im Ausland spielen, für sich gewinnen“, meinte Mavraj weiter. „Wenn man das nicht macht, glaube ich, dass es für Albanien wieder eine lange Durststrecke geben wird.“