EM-Finale Auch wegen Antoine Griezmann träumt Frankreich vom EM-Sieg

Paris. Es ist nur ein Fußballspiel. Und doch ist es auch viel mehr. Wenn am Sonntag im Stade de France von Saint-Denis EM-Gastgeber Frankreich und Portugal um den Europameistertitel kämpfen, geht es um den Sieg, den Pokal, um Ruhm, Ehre und Geld.

Antoine Griezmann ist der Hoffnungsträger der Franzosen.

Antoine Griezmann ist der Hoffnungsträger der Franzosen.

Foto: Cj Gunther

Aber es geht auch um Freude, Leichtigkeit, ums Lachen in schwierigen Zeiten. Das Finale hat neben der sportlichen Ebene auch eine gesellschaftspolitische. In Portugal, einem in den letzten Krisenjahren gebeutelten Land, sowieso. Doch auch in Frankreich ist die Stimmung im Volk nicht gut. Die angestrebten Arbeitsmarktreformen der Politik stoßen vielen Franzosen sauer auf. Wirtschaftlich hat die Grande Nation den Anschluss an Europas Spitze verloren. Der Pariser Terroranschlag des vergangenen November wirkt noch nach. Also sagte Nationaltrainer Didier Deschamps über den Finaltraum: “Wir können nicht alle Probleme der Franzosen lösen“, aber man wolle dem Land einen Moment der Freude schenken, für ein bisschen Ablenkung sorgen in all dem Schlamassel.

Der 2:0-Halbfinalsieg gegen Deutschland, den Weltmeister, hat für große Euphorie gesorgt. In Marseille fuhren die Fans noch nachts um zwei hupend durch die warme Sommernacht. Aus den Autofenstern flatterten Fahnen. Es war eine Nacht in blau, weiß und rot. Nicht im tristen Alltagsgrau. “Es ist eine großartige Geschichte, die hier geschrieben wird“, sagte Didier Deschamps, als er zehn Minuten nach Mitternacht zur Pressekonferenz erschien. Lange, sehr lange hatte er die Reporter warten lassen. Das macht er gerne mal. Der Sieg gegen die von Deschamps hoch geschätzte deutsche Auswahl birgt die Gefahr, jetzt abzuheben, die Konzentration zu verlieren. Der Trainer warnte also: “Uns ist ein sehr wichtiger Schritt gelungen, aber der wichtigste kommt am Sonntag.“ Dann soll es im Nationalstadion in der Pariser Vorstadt bloß keine böse Überraschung geben.

Bundestrainer Joachim Löw geht vom Sieg der Franzosen aus. “Ich denke, dass sie gegen Portugal gewinnen werden. Das glaube ich schon.“ Antoine Griezmann, der Doppeltorschütze und Matchwinner im Halbfinale, stapelte tief. Die Chancen im Endspiel stünden “50:50“, “alles kann passieren“. Wohl wahr. Aber die Franzosen müssen damit klar kommen, dass sie die Favoritenrolle haben. Ihre Offensive ist die stärkste des Turniers, sie haben den Heimvorteil. Am Donnerstagabend wurden les Bleus im Stade Vélodrome von Marseille von den Fans zum Sieg getragen. “Das war fantastisch“, schwärmte Torjäger Griezmann, nur 1,76 Meter groß, aber in dieser Jubelnacht der Größte in ganz Frankreich. Eigentlich ist ja am 14. Juli der Nationalfeiertag. Aber vielleicht gibt es in diesem Jahr einen zweiten, vier Tage zuvor.

Am 10. Juli soll der EM-Triumph perfekt gemacht werden. Bis dahin gilt Griezmanns Vorgabe: “Wir müssen mit den Füßen auf dem Boden bleiben.“ Seine Leistung beim 2:0 gegen Deutschland, den bisherigen Angstgegner bei großen Turnieren, wollte der Stürmer nicht überbewerten. Aber auch er verwies auf die übergeordnete Bedeutung dieser Europameisterschaft fürs Land: “Es war unsere Pflicht, die Spiele zu gewinnen und den Franzosen eine Freude zu machen, um sie abzulenken.“ Allez les Bleus!

Zum dritten Mal richtet die Grande Nation ein großes Turnier aus. 1984 holte Frankreich, angeführt von Michel Platini, den EM-Titel. Bei der Weltmeisterschaft 1998 war Zinedine Zidane der große Star, als die Heimelf das Endspiel gewann. Nun scheint der kleine Griezmann die Galionsfigur zu sein. "Antoine ist ein großartiger Spieler. Er arbeitet sehr hart und ist sehr wichtig für uns“, sagte Didier Deschamps über seinen nun schon sechsmaligen EM-Torschützen.

Schon zehn Minuten, nachdem er endlich gekommen war, war der Trainer wieder weg. Im Hinblick aufs Finale hatte er noch den Satz hinterlassen: “Wir haben jetzt nicht mehr Chancen, nur weil wir Deutschland rausgeschmissen haben.“