EM-Tagebuch Bonjour - Die großen Bruderduelle der Weltgeschichte

Eine Randbemerkung von unserem Autor Tilmann Mehl zum Bruder-Duell der Xhakas bei der EM: Schweiz gegen Albanien, Granit gegen Taulant.

Tilmann Mehl.

Foto: Tilmann Mehl

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Das Alte Testament ist voll von Sex, Mord und Intrigen. Es wird gekloppt und betrogen, dass sich die TV-Serie „Game of Thrones“ wie eine Gutenachtgeschichte für Fünfjährige ausnimmt. Da ist natürlich erst mal Eva, die sich nicht im Zaum halten kann und den Apfel pflückt. Eine lässliche Sünde, könnte man meinen, sah der Big Boss aber anders. Vertreibung aus dem Paradies. Dumm gelaufen.

Auch nach der ersten Zwangsräumung der Menschheitsgeschichte läuft es eher mittelmäßig für das Pärchen. Eifersüchteleien waren offenbar auch unseren Urahnen nicht fremd — wie Kain und Abel belegen. Die beiden ersten Söhne Evas waren durchaus redlich, Kain aber fühlte seine Arbeit nicht in dem Maße wertgeschätzt, wie jene Abels. Da sich so etwas wie Diskussionskultur erst noch entwickeln musste, erschlug er kurzerhand seinen Bruder. Einige Sommer später treffen nun Granit und Taulant Xhaka aufeinander. Auch sie sind Brüder. Während der ältere, Taulant, am Samstag für Albanien aufläuft, führt Granit im Mittelfeld der Schweizer Regie. Möglich wird diese eigentümliche Konstellation, weil die Eltern der Xhaka-Brüder 1990 aus dem kosovarischen Pristina vor den serbischen Truppen in die Schweiz flohen. Taulant entschied sich, für das Heimatland seiner Vorfahren aufzulaufen, Granit für sein Geburtsland.

Dem Vernehmen nach verstehen sich die beiden äußerst gut, weshalb kainsche Anwandlungen für das Spiel in Lens nicht zu erwarten sind. Er werde seinen Bruder auf „keinen Fall umfräsen“, beruhigt der Ältere bibelfeste Fans. So gesehen dürften die Eltern der Xhakas froh sein, dass sich ihre Nachkommen für den Fußball entschieden haben. Hier ist es nicht zwingend notwendig, seinem Gegner körperliches Leid zuzufügen. Anders als beispielsweise im Boxen. Die ukrainischen Abrissbirnen Wladimir und Vitali mussten daher ihrer Mama versprechen, niemals die Faust gegeneinander zu erheben. Die Gebrüder Xhaka treten nun in die Fußstapfen der Boatengs. Jérôme und Kevin-Prince trafen bei zwei Weltmeisterschaften aufeinander. Wobei vor allem das Duell 2010 unter ungünstigen Vorzeichen stand. Nachdem Kevin-Prince zuvor die Nationalmannschaftskarriere von Michael Ballack mit einem schnöden Tritt beendet hatte, wünschten nicht wenige Deutsche Jérôme etwas vom Jähzorn Kains. Jérôme und Kevin-Prince gingen pfleglich miteinander um. Gleiches ist auch von den Xhaka-Brüdern zu erwarten. Blut ist dicker als ein Ausweispapier.