Cichocki: „Angemessene“ Sicherheitsmaßnahmen

Warschau (dpa) - Kaum waren die ersten Bewährungsstrafen verhängt, gab's schon den nächsten Ärger.

Nur zwei Tage nach den massiven Ausschreitungen bei der Partie Polen - Russland mit 20 Verletzten wurden die ersten zehn Gewalttäter am Donnerstag zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt - die polnische Sportministerin Joanna Mucha bewertete das Urteil eines Warschauer Gerichts als „zu lasch“. Weitere 90 der 184 bisher festgenommenen Hooligans müssen sich zeitnah vor den extra eingerichteten Schnellgerichten verantworten, erneute Krawalle sind aber nicht ausgeschlossen. „Ist die EM noch sicher?“ fragte etwa die liberale polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“.

Die polnischen Behörden fürchten eine Faninvasion von 20 000 Russen für das letzten Gruppenspiel der „Sbornaja“ am Samstag gegen Griechenland. Es werde „angemessene Sicherheitsmaßnahmen“ geben, versprach Innenminister Jacek Cichocki und warnte vor unrealistischen Erwartungen an die Polizei. „Man kann nicht neben jedem Restaurant, neben jedem Tisch einen Polizisten platzieren“, sagte er in einem Interview des Rundfunksenders „Radio Zet“. „Die Polizei wird eine Risikoanalyse vornehmen. Wenn sich herausstellt, dass Sicherheit wie beim Spiel Polen - Russland notwendig ist, dann wird es (so einen Polizeieinsatz) geben“, betonte Cichocki.

Trotzdem macht sich in Polen seit den Krawallen Verunsicherung breit. Die Strafen für Hooligans, die die Gewalt suchten, müssten „so streng wie möglich“ sein, sagte Mucha. „Wir sollten alle Möglichkeiten erwägen, auch Arbeiten für das Allgemeinwohl, die von polnischen Gerichten selten verhängt werden. Das wäre zugleich eine Möglichkeit für die Resozialisierung von Hooligans.“

Auch Leszek Miller, der ehemalige Ministerpräsident und Chef der Linkspartei SLD, sprach sich für härtere Strafen gegen Hooligans aus. „Bei allem Stolz auf die ausgezeichnete Leistung der Mannschaft, die tolle Atmosphäre in den Stadien und die gute Arbeit der Sicherheitskräfte schämen wir uns, dass organisierte Banden das Sportfest ein weiteres Mal für Gewalt ausgenutzt haben“, sagte er.

Vor der EM-Begegnung zwischen Polen und Russland sei es nicht möglich gewesen, Hooligans präventiv festzunehmen. Das gelte auch für die klar erkennbaren kleinen Gruppen, die in Kapuzenshirts und Springerstiefeln, zum Teil mit vermummten Gesichtern, auf den Marsch mehrerer tausend russischer Fans gewartet hätten. „Wenn jemand nichts Strafbares getan hat, kann man ihn auch nicht vorsorglich festnehmen“, erklärte Cichocki. Das polnische Parlament wird voraussichtlich Ende Juni über eine Verschärfung des Demonstrationsrechts beraten.