Deutsche Elf online: Plauderei statt Kabinengeflüster

Berlin (dpa) - Auf Du und Du mit den Stars? Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter versprechen direkten Kontakt zu den Spielern der deutschen Nationalelf. Doch wer auf exklusive Einblicke in die Kabine oder ins Hotelzimmer hofft, wird enttäuscht.

Die meisten Statements von Philipp Lahm, Mesut Özil oder Lukas Podolski klingen ähnlich poliert wie die Interviews der mediengeschulten Kicker, auch die Fotos zeigen wenig Neues. Viel Platz erhalten dagegen die Sponsoren.

Die Zurückhaltung kommt nicht von ungefähr. Joachim Löw hat klare Regeln für Facebook und Twitter aufgestellt. Sie spiegeln das wider, was auch für die klassischen Medien gilt: „Die Kabine, der Inhalt der Teambesprechungen, Taktik, Verletzungen und so weiter sind tabu“, erklärte der Bundestrainer vor dem Turnier. Auch die Privatsphäre von Mitspielern und Betreuern muss beachtet werden. Ohnehin hält er diese schnelle, unmittelbare Form des Austausches „eher für gefährlich“ - was auf den ersten Blick wie eine Warnung an die Spieler klingt.

Die deutschen Kicker beherzigen das. Ihre Statusmeldungen und Tweets sind so erwartbar wie das Kurzpass-Spiel der Spanier. Kapitän Philipp Lahm verspricht ganz im Stile seines Trainers „höchste Konzentration und Entschlossenheit“ fürs Viertelfinale und dankt für die Unterstützung. Und Bastian Schweinsteiger erklärt: „Zum Glück spielen wir diesmal in Danzig und müssen nicht zum Spielort fliegen.“

„Meine Beobachtung: Viele Sportler sind sehr vorsichtig“, sagt der Social-Media-Berater Jan C. Rode. Zumal er davon ausgeht, dass viele die Betreuung ihrer Social-Media-Kanäle in professionelle Hände gegeben haben. „Nur wenige bestücken ihre Fanseite bei Facebook selber“, ist sich Rode sicher, der unter www.der-medienlotse.de über die Sportkommunikation bloggt.

Zumindest erhaschen Fans kleine Einblicke in den Alltag: Wann die lange Reise zum Spielort Charkow in der Ukraine beginnt, wie Mesut Özil mit der Kanzlerin plauscht. Und sie sehen Mario Götze, der auf seinen Fotos immer wieder den Daumen in die Luft reckt. Sprüche über den nächsten Gegner und Details zur Aufstellung dagegen: Fehlanzeige.

Weniger Zurückhaltung üben die Stars, wenn es um Werbung geht. Facebook und Twitter sind mächtige Marketingkanäle, über den die Stars hunderttausende Fans erreichen. Die Sponsoren würden ins rechte Licht gerückt, beobachtet Social-Media-Experte Rode.

So veröffentlicht Bastian Schweinsteiger den Werbespot für ein Deo, in dem er auftritt. Nationalkeeper Manuel Neuer hat in seinem Facebook-Profil ein Foto, in dem das Adidas-Logo nicht zu übersehen ist. Ein solches Prozedere ist beim Sportartikelhersteller Gang und Gäbe: „Wir sind in engem Austausch mit unseren Partnern - Spieler und ihr Management entscheiden, ob, wie und wann Sie Inhalte auf ihren Plattformen aufgreifen“, erklärt Adidas-Sprecher Oliver Brüggen.

Rode erwartet künftig noch mehr Aktionen und „neue Werbeformen“: Er hält es beispielsweise für möglich, dass Spieler über ihr Profil neue Schuhmodelle ankündigen oder für Gewinnspiele werben. Allerdings dürften nicht alle Sportler diesen Kanal nutzen: „Für die Olympischen Spiele in London gibt es strenge Regeln, da wären solche Aktionen nicht erlaubt. Die UEFA ist noch deutlich laxer“, erklärt Rode.

Dass diese Mischung aus Plaudereien und Werbung dem Image der DFB-Kicker oder anderer Sportler schadet, glaubt Rode nicht. „Der Spieler äußert sich genau so wie im Fernsehen oder in der Zeitung, das entspricht dem öffentlichen Bild. Da ist kein Bruch zu erkennen.“