Die Spielwiese für Möchtegern-Reporter
Eine neue Plattform bietet eine Alternative zu Gottlob, Réthy und Co.
Berlin. Wer sich in diesen Tagen ein EM-Spiel im Fernsehen anschaut, ist auf Gedeih und Verderb den Äußerungen der Fußballkommentatoren ausgeliefert. Und während Gerd Gottlob, Béla Réthy und Co. reden und reden, dürfte sich manch ein Fan entnervt denken: „Das könnte ich besser.“ Eine neue Internet-Plattform macht’s jetzt möglich.
Auf „marcel-ist-reif.de“ können Fans, Sportstudenten und Möchtegern-Reporter die EM-Spiele live kommentieren. TV-Zuschauer schalten einfach den Ton an ihrem Fernseher aus, suchen sich im Internet einen Hobby-Kommentator aus und schalten auf ihrem PC oder Laptop den Ton ein. Wer zum Beispiel am Mittwochabend plant, sich Spanien — Irland anzusehen, kann der geballten Kompetenz von „MaxJero“ lauschen. Auf der Internet-Plattform wirbt er mit seiner Neutralität. Ein Zuhörer bescheinigt dem Kommentator „sehr großes Fachwissen“.
Wer kommentieren möchte, muss sich registrieren, ein Mikro oder Headset zur Hand haben, kann dann ein beliebiges Spiel auswählen und loslegen. Wer sich als Zuhörer für einen der Kommentatoren entschieden hat, kann den Audiostream per Mausklick an den Zeitunterschied seiner TV-Übertragung anpassen. Was jedoch fehlt, ist die Stadionatmosphäre. Statt des Original-Tons hört man nur „Stadiongrundgeräusche“.
Ins Leben gerufen haben Moritz Eckert (32) und Wendelin Hübner (33) das Projekt. Beide kennen sich aus Schulzeiten und sind große Fußballfans. „Es gibt rund ein Dutzend Kommentatoren, die man immer wieder hört und somit wenig Abwechslung. Uns hat das, ebenso wie die Phrasendrescherei und die teils schlechte Qualität, genervt“, sagt Hübner.
Vergangenen Sommer kam ihnen dann die Idee, dass es in Deutschland noch viel mehr gute Kommentatoren geben muss, und nach und nach entstand die heutige Plattform. Seit vergangenem Donnerstag ist sie online — und das mit Erfolg. 250 Kommentatoren haben sich registriert. Am Dienstag verzeichnete die Seite insgesamt 14 000 Besucher.
„Die Zuhörer freuen sich über die Abwechslung und die Sprecher über die Chance, einmal live kommentieren zu können“, sagt Hübner. Als echte Konkurrenz für die „richtigen“ Kommentatoren begreift er die Seite jedoch nicht: „Wir sehen das sportlich und wollen einfach eine Alternative sein."