Echte Überraschung: Ungarn düpiert Österreich 2:0
Bordeaux (dpa) - Dem neuen Rekordsenior Gabor Kiraly war in seiner Begeisterung über den überraschenden EM-Auftaktsieg der Ungarn gegen Nachbar Österreich kein Weg zu weit.
Jubelnd eilte der nun älteste Spieler in der Geschichte von Fußball-Europameisterschaften aus seinem Tor über den ganzen Platz, nachdem Zoltan Stieber in der 87. Minute mit dem Treffer zum 2:0 (0:0)-Endstand in Bordeaux den Erfolg gesichert hatte. Der zuvor 18 Monate torlose Adam Szalai, der zuletzt mit Hannover 96 abgestiegen war, hatte den Außenseiter vor 34 424 Zuschauern in der 62. Minute in Führung gebracht.
„Das war eine Topleistung. Wir haben an unsere Arbeit geglaubt“, stellte der lange bei Hertha BSC und 1860 München aktive Schlussmann Kiraly mit feinem Grinsen fest. „Wir sind sehr stolz“, sagte Szalai. Trainer Bernd Storck, der die Ungarn erstmals seit 44 Jahren wieder zu einer EM geführt hatte, lobte sein Team verzückt: „Ich fand es grandios, was die Mannschaft geleistet hat. Wir wurden belohnt. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen.“ Der Sprung ins Achtelfinale in der Gruppe mit Portugal und Island scheint greifbar nahe.
Für die bei Europameisterschaften weiter sieglosen Österreicher, bei denen Aleksandar Dragovic in der 65. Minute Gelb-Rot sah, wird es dagegen unerwartet schwer mit dem Weiterkommen. „Wir sollten den Kopf nicht hängen lassen. Wir waren die bessere Mannschaft“, sagte Bayern-Profi David Alaba trotzig. Dagegen gestand der künftige Leverkusener Julian Baumgartlinger: „Das ist eine herbe Enttäuschung. Nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Art und Weise.“
Die Teams der einstigen Doppelmonarchie hatten diesen Tag lange herbeigesehnt. Ungarns Coach Storck sah das Duell als „historisches Spiel“. In die Geschichtsbücher zog auf jeden Fall Kiraly ein, der mit 40 Jahren und 74 Tagen Lothar Matthäus als ältesten Fußballer bei einer EM ablöste. Matthäus war 39 Jahre und 91 Tage alt, als er 2000 bei der 0:3-Niederlage gegen Portugal zum letzten Mal für Deutschland auflief und sein 150. Länderspiel absolvierte. „Gratulation“, twitterte Matthäus kurz nach Anpfiff.
Zunächst aber hatte Kiraly in seinem Rekordspiel Glück, als ein Fernschuss von Alaba nach 32 Sekunden an den Pfosten klatschte. „Wir waren von Anfang an etwas unglücklich unterwegs“, befand Christian Fuchs vom englischen Sensationsmeister Leicester City. Wer nun ein offensives Feuerwerk der Österreicher erwartete, sah sich bald getäuscht. Nur bei einem Volleyschuss von Zlatko Junuzovic (35.) war Kiraly als Retter gefordert. „Wir haben gut angefangen, aber wir haben den Ungarn zu viel erlaubt“, erklärte Trainer Marcel Koller.
Die Ungarn spielten erstaunlich forsch mit. Kapitän Balazs Dzsudzsak probierte es zweimal vielversprechend aus der Distanz, ehe Szalais große Stunde schlug. Der Bremer Laszlo Kleinheisler steckte den Ball wunderbar durch, der zuletzt so lange erfolglose Torjäger schloss schnörkellos ab. „Das war ein Stich ins Herz“, bekannte Alaba.
Und es kam noch schlimmer für Österreich. Nur drei Minuten später waren sie in Unterzahl, weil der bereits verwarnte Dragovic bei einem Angriff übereifrig Tamas Kadar in die Beine sprang und dafür vom französischen Schiedsrichter Clement Turpin zurecht des Feldes verwiesen wurde.
Die Österreicher fanden nun kein Mittel mehr gegen die immer selbstbewussteren Ungarn. „Wir hätten mehr Ruhe in unseren Aktionen haben müssen“, urteilte Trainer Koller. Als dann Stieber kurz vor Schluss auf und davon eilte und mit einem feinen Lupfer traf, war die Überraschung besiegelt.