EM 2020 wird noch komplizierter: Pan-Europa-Turnier

Paris (dpa) - War das Selbstironie der Fußball-Funktionäre? Oder das indirekte Eingeständnis eines Planungsfehlers für die nächste EM 2020? In ihrer Twitterleiste bot die UEFA ein Ratespiel an:

EM 2020 wird noch komplizierter: Pan-Europa-Turnier
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„Wetten, ihr kennt sie nicht alle...“, lautete die mit einem kecken Smiley garnierte Frage nach den 13 Spielorten des nächsten Kontinentalturniers in 13 Ländern.

Zum Lachen ist den meisten Fans beim Gedanken an die nächste EM aber nicht zumute. Nach der Kritik am neuen XXL-Modus mit 24 Teams wird das Pan-Europa-Turnier in vier Jahren nämlich noch komplizierter - und nicht einmal die UEFA weiß bislang, wie sie die fixe 13er-Idee ihres mittlerweile gesperrten Präsidenten Michel Platini konkret umsetzen soll.

Spontan kommen derzeit nicht einmal Experten auf die über den ganzen Kontinent verteilten Spielorte. Zwischen Dublin und Baku liegen mehr als 4000 Kilometer Luftlinie. Von Bilbao nach St. Petersburg sind es nur gut 1000 weniger. Die schon in Frankreich zähe EM-Laune wird sich bei der Zersplitterung kaum verbessern. Schnelles Hoppen zwischen Turnierstädten, das besondere Flair eines Gastgebers - alles perdu. Für's Protokoll: Gespielt wird zunächst auch in München, Brüssel, Amsterdam, Kopenhagen, Budapest, Rom, Bukarest und Glasgow. Beide Halbfinals und das Endspiel finden im Londoner Wembley-Stadion statt.

Viel mehr weiß die UEFA selbst noch nicht. Erst im Dezember wird das Exekutivkomitee beraten, wie der Turnierspielplan genau aussehen soll. Gesucht wird auch noch der Ort des Eröffnungsspiels. Eine Idee geht nicht auf. Das Turnier im Land des Titelverteidigers zu eröffnen, ist nicht möglich. Die Finalisten 2016, Frankreich und Portugal, gehören nicht zu den diversen Ausrichterländern. Favorit ist nun Brüssel als symbolische Hauptstadt der europäischen Einigung.

„Es ist nur eine Idee, aber mir gefällt dieser Gedanke“, hatte Platini 2012 gesagt, als er seinen Vorschlag für die Jubiläums-EM 60 Jahre nach dem Premierenturnier publik machte. „Wir bringen die EURO vor die Haustüren. Normalerweise müssen die Fans lange reisen, um eine EURO zu sehen, jetzt bringen wir ihnen die EURO vor die Haustür, und das in fast ganz Europa“, argumentierte der mittlerweile über Ethikvergehen gestürzte Funktionär später.

Was Platini nicht sagte: Die als politische Einigungsinitiative verkaufte Multi-Gastgeber-EM war eine sportpolitische Notlösung. Als ernsthafte Kandidaten boten sich nur Irland/Schottland/Wales sowie Aserbaidschan/Georgien an - keine seriösen Alternativen für ein gerade auf 24 Teilnehmer aufgeblähtes Premiumprodukt. Mit der Türkei als potenziellem Gastgeber soll es nach den Vergabeniederlagen für 2012 und 2016 zu Spannungen auf Funktionärsebene gekommen sein.

Die Auswahl der Spielorte erfolgte in einem vielschichtigen Wahlprozess durch die UEFA-Exekutive auch nach regionalen Gesichtspunkten. Dass Aserbaidschan den Zuschlag sogar für ein Viertelfinale bekam, der Sieger dann mehrere tausend Kilometer und drei Zeitzonen nach London überwinden muss, lässt sportliche Gerechtigkeitsfragen offen. Spielten auch ökonomische Argumente eine Rolle? In Frankreich wurde bei allen Spielen an den Banden für Energie aus Baku geworben.

Die deutschen Fans können sich jedenfalls auf vier EM-Heimspiele freuen. Drei Gruppenspiele und ein Viertelfinale finden in München statt. Qualifiziert sich Deutschland, sind zwei Gruppenpartien der DFB-Elf in der Allianz Arena garantiert. Doch schon die Qualifikation wird unübersichtlich. In zehn Gruppen sollen sich die jeweils zwei besten Teams direkt qualifizieren. Vier weitere Plätze werden erst drei Monate vor dem Turnier vergeben - über Playoffs in den verschiedenen Divisionen der neuen Nationenliga, die 2018 startet - einem weiteren Wettbewerb, den Platini so gerne haben wollte.