Gruppensieger bei EM-Qualifikation DFB-Elf zerlegt Nordirland 6:1

Frankfurt/Main · Im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland hat die DFB-Elf nur anfangs ein paar Schwierigkeiten. Nach dem überraschenden Führungstor der Gäste steigert sich die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw deutlich - und glänzt vor allem dank zweier Bayern-Profis.

Foto: dpa/Tom Weller

Mit einer Serge-Gnabry-Show ist Deutschland zum Gruppensieg gestürmt und hat sich vor Holland auch einen Platz im besten EM-Lostopf gesichert. Nach zähem Beginn siegte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen Nordirland zum Abschluss des großen Umbruchjahres 2019 noch souverän mit 6:1 (2:1). Torgarant Serge Gnabry (19./47./59. Minute) mit einem Dreierpack, Leon Goretzka (43./73.) per Doppelschlag und Julian Brandt (90.+1) sicherten am Dienstagabend in Frankfurt vor 42 855 Zuschauern den Sieg im letzten Qualifikationsspiel für die Endrunde 2020. Der frühe Rückstand nach einem Tor von Michael Smith (7.) und einem verhaltenen Start wurde mit einem am Ende überzeugenden Sieg noch deutlich wettgemacht.

Löw reist nach dem letztlich überzeugenden Auftritt mit einem positiven Gefühl zur Endrundenauslosung am Samstag kommender Woche nach Bukarest. Dann droht der DFB-Elf aber trotz des Prestigeerfolges mit Platz 1 in der Gruppe C vor dem ewigen Rivalen Niederlande eine schwere EM-Gruppe mit Weltmeister Frankreich und Europameister Portugal als Kontrahenten. Eine gute Nachricht kam aus Cardiff. Da Ungarn gegen Wales verlor, wird die DFB-Elf im kommenden Sommer alle drei Gruppenspiele vor den Heim-Fans in München bestreiten können.

Der Auftritt gegen die wackeren Nordiren wurde zum Spiegelbild des schwierigen Zwischenjahres. Erst die Tore kurz vor und nach der Halbzeitpause der bestens aufgelegten Münchner Goretzka und Gnabry gaben dem von Löw im Vergleich zum 4:0 gegen Weißrussland gleich auf fünf Positionen veränderten Team die nötige Sicherheit.

„Siege helfen uns weiter, wir wollen die Gruppe als Tabellenführer abschließen“, bekräftigte Löw vor dem Anpfiff im TV-Sender RTL, warnte aber auch: „Den Sieg müssen wir uns erkämpfen.“ Willen und Kampfgeist zeigte die DFB-Elf auch von Beginn an und offenbarte nur in Teilen der ersten Hälfte noch Abstimmungsschwierigkeiten.

Dem gegen Weißrussland so starken Toni Kroos, der anstelle von Manuel Neuer die Kapitänsbinde tragen durfte, unterlief vor dem frühen Gegentreffer ein Fehler. Sein Abwehrversuch in die Mitte per Kopf landete direkt vor den Füßen von Smith, der mit seinem präzisen Schuss aus rund 18 Metern genau in die Ecke Neuer-Vertreter Marc-André ter Stegen keine Chance ließ. Der Torwart des FC Barcelona bestritt sein erstes Pflichtspiel im Nationaltrikot seit Oktober 2017, als er in Nordirland zwischen den Pfosten stehen durfte.

Möglichkeiten, sich auszuzeichnen, boten sich dem Ex-Gladbacher nicht. Die Nordiren standen sehr tief und machten es den Deutschen mit einem Sechser- oder Siebener-Riegel anfangs schwer. Offensiv jedoch sorgten sie abgesehen von dem überraschenden Führungstreffer praktisch nicht mehr für Gefahr. Daher änderte sich auch die Laune auf den Rängen merklich, nachdem zunächst nur die Gäste-Fans für Länderspiel-Stimmung gesorgt hatten. Als Gnabry in Gerd-Müller-Manier den Ausgleich erzielte, erwachten die deutschen Anhänger.

Zuvor war der Bayern-Profi nach feinem Zuspiel von Kroos alleine vor dem glänzend reagierenden nordirischen Torhüter Bailey Peacock-Farrell gescheitert (10.). Eine Minute später traf Ilkay Gündogan nach einer weiteren sehenswerten Kombination über Kroos und Jonas Hector, der sein erstes Länderspiel seit einem Jahr bestritt, per Kopf nur den Pfosten (11.). Bei Craig Cathcarts unfreiwillig abgefälschtem Ball verhinderte Peacock-Farrell ein Eigentor (18.), kurz darauf war er gegen Gnabrys Schuss aus der Drehung machtlos.

Trotz des Ausgleichs war es nicht einfach für Kroos & Co., Struktur ins Spiel zu bringen. Auch die Defensive wirkte nicht unüberwindbar. In der Abwehrkette erhielt Hector eine Bewährungsprobe als linker Verteidiger im Dreikampf mit Schulz und Marcel Halstenberg. Defensiv mit Schwächen, sammelte der Rückkehrer aber Punkte als Vorlagengeber. Wie schon bei seiner Hereingabe vor dem 1:1 passte der Kölner auch vor dem 2:1 präzise nach innen. Gnabry verpasste, aber Goretzkas Schuss aus kurzer Distanz ging vom Innenpfosten ins Tor.

Die zweite Halbzeit begann für die Deutschen merklich besser als die erste - und entwickelte sich dann zur großen Gnabry- und Goretzka-Show. Keine drei Minuten waren gespielt, als Gnabry ein Zuspiel von Klostermann annahm, sofort schoss und auf 3:1 erhöhte.

Deutschland verstärkte den Druck, Kroos zwang Peacock-Farrell zu einem Reflex (52.). Das frühe 3:1 gab Sicherheit, die DFB-Elf erspielte sich nun ein deutliches Übergewicht, auch weil die Nordiren merklich nachließen. Nachdem Gnabry auch mit dem 4:1 seine Extra-Klasse demonstrierte, war sogar noch Zeit für ein kleines vorweihnachtliches Präsent. Als 106. Neuling in der Ära Löw kam Stark im zehnten Anlauf zu seinem Debüt im Trikot der Nationalmannschaft.

Als Goretzka auf 5:1 erhöhte, war kurz der Gassenhauer „Oh, wie ist das schön“ zu hören und La Ola auf den Rängen zu sehen. Jetzt konnte sogar gezaubert werden, Joshua Kimmich hätte per Drehschuss fast das halbe Dutzend voll gemacht - das erledigte Brandt kurz vor Schluss.

(dpa)