Exzentriker Balotelli: Gegen DFB-Elf „Super Mario“
Warschau (dpa) - Die Pose von Mario Balotelli war imposant. Nach seinem zweiten Treffer beim 2:1 (2:0) gegen Deutschland im EM-Halbfinale riss sich der italienische Fußball-Nationalstürmer das Trikot vom Leib und spannte die Muskeln seines Oberkörpers an.
Der Exzentriker - so genial wie launisch - war in Warschau doppelt zur Stelle und traf Fußball-Deutschland ins Herz. „Super Mario“ statt „Mad Mario“. Seine Treffer (20. Minute/36.) führten die „Squadra Azzurra“ ins EM-Endspiel am Sonntag in Kiew gegen Titelverteidiger Spanien und besiegelten das deutsche Aus. Claudio Marchisio lobte seinen Teamkollegen nach dem Erfolg: „In der ersten Halbzeit waren wir grandios, Mario Balotelli war kaltschnäuzig.“ Nationalcoach Cesare Prandelli meinte verschmitzt: „Mario Balotellis Karriere beginnt erst jetzt.“
Balotelli nahm damit auch Revanche an Manuel Neuer. Bei ihrem letzten EM-Duell vor rund drei Jahren hatte der DFB-Keeper den Italiener schier zur Verzweiflung gebracht. 90 Minuten lang ballerte er im Halbfinale der U-21-EM 2009 aus allen Lagen auf das deutsche Tor, aber Neuer parierte alles. Am Ende gewannen Deutschlands Junioren mit 1:0 und holten im Finale gegen England den Titel.
Doch diesmal lief es anders. Erst in der 68. Minute war die Balotelli-Show vorbei - von Krämpfen geplagt wurde der England-Legionär gegen Antonio Di Natale ausgewechselt.
Der Angreifer von Manchester City hat Talent en masse. Seine Schusskraft ist gewaltig, dennoch ist der bullige Fußballer im Strafraum flink und wendig. Bereits mit 17 Jahren debütierte Balotelli in der Serie A bei Inter Mailand, mit dem er dreimal Meister und auch Champions-League-Sieger gegen den FC Bayern wurde. Mit Manchester City holte er in dieser Saison Pokal und Meisterschaft.
„Mario ist als Stürmer kraftvoll und unberechenbar. Nur leider macht er ab und an eben Dummheiten“, sagte Verteidiger Leonardo Bonucci während des Turniers über Balotelli, der als Sohn ghanaischer Immigranten bei einer Pflegefamilie in Brescia aufwuchs. „Tief in seinem Herzen ist Mario ein Goldjunge“, verteidigt Nationaltrainer Prandelli den launischen Stürmer wie ein Vater.
Balotellis zweifelhafter Ruf kommt nicht von ungefähr - das Sündenregister des Exzentrikers mit der Hahnenkamm-Frisur ist lang. Er zerlegte Sportwagen, warf Dartpfeile auf Jugendspieler, verpasste seinem Gegenspieler Scott Parker im Ligaspiel gegen Tottenham ein Stollenabdruck im Gesicht, prügelte sich mit einem Mitspieler um einen Freistoß und warf den Inter-Fans sein Trikot vor die Füße.
Doch bei dieser EM war von dem schlechten Image weniger zu sehen. Auch wenn Balotelli beim 2:0 gegen Irland im letzten Vorrundenspiel nach seinem Traumtor zum Endstand in Richtung Trainerbank pöbelte. Aber Bonucci war zur Stelle und hielt dem Hünen den Mund zu.