Hodgsons Offensivpuzzle für den Vorrunden-Showdown
Chantilly (dpa) - Die Genugtuung ist Roy Hodgson deutlich anzusehen. Im Freizeitlook mit Sonnenbrille und Trainingshose schlendert Englands Nationalcoach über die Straßen von Chantilly, genießt das Lob der Three-Lions-Fans für das 2:1 über Wales.
Vor dem Gruppen-Showdown bei der Fußball-EM gegen die Slowakei am Montag (21.00 Uhr) bereite ihm die Aufstellung jedoch „Kopfschmerzen“, gesteht der 68-Jährige. Nachdem er zweimal die gleiche Startelf aufbot, tüftelt Hodgson vor allem in der stark besetzten Offensive an Änderungen.
„Alle unsere Stürmer müssen herausgefordert werden“, sagt der Routinier. „Ich glaube, dass niemand von ihnen so arrogant ist, dass er herumsitzt und denkt, dass sein Platz im Team absolut garantiert ist - nach dem Motto: Diese Jungs können mich nicht gefährden.“
Die Angriffsoptionen des englischen Teams, dem bereits ein Unentschieden zum sicheren Weiterkommen reicht, im Überblick:
Harry Kane (135 Minuten bei dieser WM/0 Tore): Erst darf er gegen Wales keine Ecken mehr schießen, jetzt muss der Premier-League- Torschützenkönig um seinen Stammplatz zittern. „Seine Auswechslung in der Halbzeit war brutal, aber es gibt keinen Platz für Gnade bei der EM“, schreibt der „Telegraph“.
Der Angreifer der Tottenham Hotspur enttäuscht bislang, wirkt müde, zeige wie Raheem Sterling „Verschleiß“, erklärt Hodgson. Kein Wunder: Kane stand diese Saison bislang mehr als 5000 Minuten auf dem Platz - über 1000 mehr als jeder andere England-Stürmer. Positions-Konkurrent Jamie Vardy sprang Kane jedoch bei. „Er sieht nicht müde aus, ich bin sicher, dass es das komplette Gegenteil sein wird“, sagte Vardy. „Er wird starten wollen und hoffentlich auch treffen.“
Daniel Sturridge (45 Minuten/1 Tor):Gefeierter Sieg-Torschütze gegen Wales. War bei der WM 2014 noch gesetzt im Sturmzentrum, hat aber zwei Jahre voller Verletzungen beim FC Liverpool hinter sich. Bis zuletzt musste Sturridge sogar noch um seinen Platz im 23er-Kader bangen - und steht jetzt gegen die Slowakei vor dem Start-Debüt bei dieser EM. „Ich bin sehr froh, dass ich Vertrauen in ihn gezeigt habe, weil er mich noch nicht sehr oft im Stich gelassen hat“, sagt Hodgson. „Er ist ein besonderer Spieler.“
Jamie Vardy (45 Minuten/1 Tor):Kautabak, Energydrinks und Fitnessstudio-Allergie - klar. Aber der Stürmer von Meister Leicester City mit den seltsamen Angewohnheiten hat mehr zu bieten. Mit seinem unermüdlichen Einsatzwillen verleiht er dem englischen Spiel neuen Schwung. Entweder Hodgson setzt weiter auf den 29-Jährigen als ersten Energiebringer von der Bank, um eine müder werdende slowakische Defensive zu zermürben. Oder Vardy darf nur gut ein Jahr nach seinem Länderspiel-Debüt für Kane oder den bislang völlig glücklosen Sterling seine EM-Startpremiere geben.
Wayne Rooney (168 Minuten/0 Tore): Erfindet sich bei der EM einfach neu, um dem Überangebot im Angriffszentrum zu entgehen. Der Kapitän ist als Mittelfeld-Organisator neben dem bisher unauffälligeren Dele Alli unersetzbar, über ihn läuft fast jeder Angriff. Bei Rückstand gegen Wales rückte Rooney weiter nach vorne - fraglich bleibt, wie viele Spiele über 90 Minuten der 30-Jährige verkraftet.
Marcus Rashford (18 Minuten/0 Tore): Die Wildcard im englischen Sturm. Auch wenn es bei einigen Laufwegen des 18-Jährigen noch an der Abstimmung hapert, sorgt er doch für reichlich Unruhe in der gegnerischen Abwehr und schafft Räume für seine Nebenleute. „Er lernt hier noch jeden Tag dazu. Aber er hat eine unglaublich gute Technik für einen so jungen Spieler“, schwärmt Hodgson nach Rashfords erst zweitem Länderspiel gegen Wales. „Er zeigt überhaupt keine Angst.“
Außenpositionen: Bislang begann Hodgson jeweils mit zwei offensiven Außen neben dem Stoßstürmer. Der solide Adam Lallana (163 Minuten/0 Tore) gibt über rechts bislang keinen Anlass zur Klage, auf der linken Seite droht Sterling (132 Minuten/0 Tore) die Ablösung. Auch Jack Wilshere (12 Minuten/0 Tore) steht für eine offensive Rolle bereit.