„Höchste Alarmbereitschaft“ bei den Spaniern

Getafe (dpa) - Was hat der Titelverteidiger wirklich drauf? Das 0:1 gegen die international zweitklassigen Georgier unmittelbar vor der Fußball-EM bringt Spanien aus dem Konzept.

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„Höchste Alarmbereitschaft“, titelte das Sportblatt „Marca“. Nationaltrainer Vicente del Bosque blieb gewohnt gelassen, räumte aber ein: „Uns haben Lösungen gefehlt, das ist das Beunruhigende.“

Auf dem Weg zum angestrebten dritten EM-Titel hintereinander gibt „La Roja“ plötzlich Rätsel auf. In der Vorbereitung, weitgehend ohne die Spieler der Champions-League-Finalisten Real und Atlético Madrid, gewann die Mannschaft 3:1 gegen Bosnien-Herzegowina und 6:1 gegen Südkorea - und jetzt das: Eine blutleere Vorstellung gegen den 137. der FIFA-Weltrangliste, bei dem der Favorit jede Menge Chancen verballerte und irgendwie hilflos wirkte.

Del Bosque bat nach dem Abpfiff um Geduld und Sachlichkeit. „Wir haben ein außergewöhnliches Ziel, die Europameisterschaft. Dieses Ergebnis sollte uns nicht belasten“, sagte der 65-Jährige. Tat es aber doch. „Das Spiel war eine gute Gelegenheit, unser Selbstvertrauen zu stärken und eine gute Stimmung im Team zu schaffen. Aber es war das Gegenteil: Es war eine Enttäuschung“, sagte del Bosque.

Tornike Okrischwili hatte den Außenseiter in der 40. Minute überraschend in Führung gebracht und das Spiel mit seinem Tor entschieden. „Georgien lässt Spanien verblassen“, schrieb die Tageszeitung „El Pais“.

Einen Fingerzeig gab del Bosque, was die viel diskutierte Torhüterfrage anging: Nicht Rekordnationalspieler und Kapitän Iker Casillas stand zwischen den Pfosten, sondern David de Gea von Manchester United. Noch nie hatte del Bosque im letzten Testspiel vor einem Turnier einen anderen Keeper aufgestellt als im Ernstfall.

Der Trainer kritisierte die Abschlussschwächen seiner Mannschaft, lobte aber Superstar Iniesta: „Mit Iniesta haben wir eine Linie gefunden und das Spiel besser verstanden“, sagte er. Der Regisseur war erst nach der Pause gekommen. Bayern-Profi Thiago durfte die ersten 45 Minuten ran und traf einmal den Pfosten. Der künftige Dortmunder Marc Bartra kam nicht zum Einsatz. Lucas Vazquez von Real Madrid gab sein Debüt im Nationalteam. „Das Spiel motiviert uns noch mehr“, sagte der Angreifer.

Auch Ersatzspielführer und Vereinskollege Sergio Ramos wollte das Ergebnis nicht zu hoch hängen. „Ich strauchle lieber in einem Freundschaftsspiel als bei der EM“, sagte der Abwehrspieler.

Mit diesem Rückschlag reiste der Weltmeister von 2010 ins EM-Quartier nach Sainte-Marie-de-Ré. Spanien trifft am Montag in seinem ersten Gruppenspiel in Toulouse auf Tschechien. Weitere Gegner sind die Türkei und Kroatien.