Irische Fans sorgen für Gänsehaut-Moment (mit Video)
Danzig (dpa) - Derart vorgeführt worden ist Irland schon lange nicht mehr. Coach Giovanni Trapattoni und die Kicker hatten an der 0:4-Klatsche gegen Spanien schwer zu knabbern. Aber die einmaligen Fans hielten auch in dieser schweren Stunde zu ihrem Team.
Dutzende irischer Fans harrten tieftraurig und klatschnass noch weit nach Mitternacht im Nieselregen vor der Nobelherberge Sheraton im Badeort Sopot aus. Sie wollten ihren gedemütigten Boys in Green nach der Lehrstunde gegen Titelverteidiger Spanien und dem damit feststehenden vorzeitigen K.o. bei dieser Fußball-EM wenigstens moralischen Beistand leisten. Schon im Stadion hatten Tausende in den Landesfarben grün-weiß-orange gekleidete Iren trotz - oder gerade wegen - der 0:4 (0:1)-Klatsche mit der inbrünstig gesungenen Hymne „The Fields of Athenry“ für einmalige Stimmung und Gänsehaut gesorgt. In dem Lied geht um die große Hungersnot im 19. Jahrhundert und den irischen Freiheitskampf.
„Es tut mir für unsere Fans sehr leid“, sagte Trainer Giovanni Trapattoni bedrückt. „Wir müssen ihnen danken.“ Während die unglaublichen Anhänger sich als titelwürdig erwiesen, entpuppten sich ausgerechnet die kampfstarken Iren als Prügelknaben dieses Turniers. Erst das ernüchternde 1:3 gegen Kroatien, nun der teilweise desaströse, hilflose Auftritt gegen die mindestens eine Klasse besseren Spanier. „Wir waren nur ein Schatten unserer selbst“, stöhnte Mittelfeldmann Keith Andrews völlig bedient. Schon vor dem letzten Gruppenmatch gegen Italien am Montag steht fest, dass die irischen Kicker reif für die Rückkehr auf die Insel sind.
Selbst Trapattoni fand keine einleuchtende Erklärung für das Debakel. „Wir haben in der Qualifikation gute Gegner ausgeschaltet und in Tests gegen große Gegner wie Brasilien gut gespielt“, sagte der Grandseigneur. „Aber hier haben wir unglaubliche Fehler gemacht. Das müssen wir abstellen.“ Wieso seine Schützlinge so viel „Angst und Nervosität“ vor den wie in einem Rausch spielenden Spaniern hatten, blieb ihm ein Rätsel. Trapattoni erkannte natürlich die Extra-Klasse des Kontrahenten an: „Spanien kann praktisch mit geschlossenen Augen spielen.“
Auch die geschlagenen Spieler schwärmten in den höchsten Tönen. „Spanien ist das beste Team der Welt“, betonte Glenn Whelan. „Wir haben unser Bestes versucht und können den Kopf oben behalten.“ Andrews pflichtete bei: „Wir haben alles gegeben, aber gegen sie ist es verdammt hart, da man sich nicht den kleinsten Fehler leisten darf.“ Unter dem Strich hatten die bedauernswerten Iren sogar Glück, dass die Schmach nicht noch höher ausfiel. Es blieb bei den Treffern von Fernando Torres (4. und 70. Minute), David Silva (49.) und Cesc Fàbregas (83.).
Wenigstens gegen das ums Weiterkommen kämpfende Italien wollen sich die Iren würdig und anständig aus dem Turnier verabschieden. „Wir spielen für uns und für unsere Fans“, versprach Andrews. Trapattoni will seinen favorisierten Landsleuten ebenfalls zeigen, dass sein Team mehr kann: „Wir müssen sicherstellen, dass wir gegen Italien mit erhobenem Haupt agieren.“ Ansonsten denkt „Trap“ schon an einen Neuaufbau für die WM. Derart vorgeführt will der 73-Jährige seine beeindruckende Karriere auf keinen Fall beenden.