Italiener bewundern Englands „Skipper“ Gerrard

Krakau (dpa) - Steven Gerrards nächste Gegenspieler sind seine größten Fans. Für Italiens Mittelfeldstars Daniele De Rossi und Claudio Marchisio ist der Kapitän des FC Liverpool der Größte.

Vor allem beim Gedanken an den Kopf der englischen Fußball-Nationalelf geraten die beiden Azzurri vor dem EM-Viertelfinale am Sonntag in Kiew ins Schwärmen und bekommen strahlende Augen. „Er ist das Sinnbild eines universellen Fußballers - er kann gestaltend-offensiv spielen und ist auch defensiv stark“, adelt De Rossi den englischen „Skipper“ („Kapitän“). Das Mittelfeld-As vom AS Rom geht noch weiter: „Ich würde mich freuen, wenn ich einmal so gut in der Defensive spielen würde wie Gerrard.“

In der Tat spielt Gerrard bislang eine ganz starke EURO, bereitete in drei Spielen immerhin drei Tore vor. Der 32-Jährige ist Herz, Lunge und Gehirn des englischen Teams zugleich. „Er spielt wirklich durchgehend wie ein Kapitän“, lobt Englands Coach Roy Hodgson seinen Schlüsselspieler. Für Mitspieler und Mittelfeld-Nebenmann Scott Parker von Tottenham Hotspur ist Gerrard „einer der besten Mittelfeldspieler der Welt. Das ist nun schon seit vielen Jahren der Fall und er war der beste in der Premier League.“

Dabei hat Gerrards Club FC Liverpool eine enttäuschende Saison in England hinter sich. Die „Reds“ wurden nur Achter, noch hinter dem großen Lokalrivalen FC Everton. Vor der EM wuchsen die Verantwortung und der Druck auf Gerrard gehörig an, da die im Mittelfeld ebenfalls gesetzten Gareth Barry vom Meister Manchester City und Frank Lampard vom Champions-League-Gewinner FC Chelsea verletzt ausfielen. „Wir haben wichtige Spieler verloren, was wirklich enttäuschend war. Aber Stevie und ich haben die Herausforderung angenommen. Hoffentlich machen wir weiter so“, meint Parker.

Gerrard sind all die Lobeshymnen fast schon peinlich. Hodgsons verlängerter Arm auf dem Platz und Ratgeber neben dem Feld bleibt bescheiden. Nach der schwierigen Vorbereitung mit den vielen Verletzten genießt der Routinier den aktuellen Erfolg seines Teams als Gewinner der Gruppe D noch vor den hoch eingeschätzten Franzosen. „Wir sind in der Vergangenheit dafür kritisiert worden, nicht richtig in die Gänge zu kommen. Das wichtige ist deine Antwort darauf und das ist genau das, was das Team gerade macht“, sagt Gerrard.

Die neu entstandene Euphorie auf der Insel - auch angesichts der Tatsache, durch den Gruppensieg Titelverteidiger Spanien im Viertelfinale aus dem Weg gegangen zu sein - ist Gerrard nicht ganz geheuer. „Italien hat echte Siegertypen in ihren Reihen und wir haben Respekt vor ihnen“, meint der Spielführer der „Three Lions“.

Der Respekt einiger Italiener vor ihm selbst ist noch größer. Nicht nur De Rossi, auch dessen Mittelfeldkollege Marchisio von Juventus Turin outet sich als großer Gerrard-Anhänger. „Gerrard war immer mein Idol. Er ist eine Legende in Liverpool. Er hat immer für diesen Verein gespielt und ist mit ihm verschmolzen. Und so etwas finde ich gut. Gerade in der heutigen Zeit, in der es so eine Treue kaum noch gibt“, schwärmt der 26-Jährige.

Keine leeren Worte. In Sachen Vereinstreue eifern die beiden italienischen Gerrard-Fans De Rossi und Marchisio dem Ur-Liverpooler nach, der seit der Jugend ununterbrochen an der Anfield Road kickt. De Rossi spielt seit zwölf Jahren für die Roma und lehnt Angebote von Top-Clubs immer ab. Marchisio ist bis auf ein kurzes Ausleih-Intermezzo beim FC Empoli Juve gar seit fast 20 Jahre treu.

Sorgen bereitet England vor dem Viertelfinale allerdings Ashley Young. Dem Mittelfeldspieler von Manchester United bereitet immer noch ein Schlag auf das Schienbein Probleme, den er im letzten Gruppenspiel gegen die Ukraine (1:0) erhielt. Young absolvierte bislang alle drei EM-Spiele über die volle Distanz.