Der Leader vom Team „Cech-ien“

Warschau (dpa) - Petr Cech ist die Ruhe selbst. Nicht nur auf dem Platz, auch abseits des Feldes lässt sich der Tscheche durch Nichts und Niemand aus dem inneren Gleichgewicht bringen. In den EM-Tagen von Polen ist das nicht anders.

Nach den öffentlichen Trainingseinheiten der tschechischen Fußballer schreibt sich der 30-Jährige für die Autogrammjäger stets die Finger wund und postiert geduldig für unzählige Fotos. Auch den wartenden Journalisten steht er Rede und Antwort, bis die letzte Frage geklärt ist.

Egal ob in Tschechisch, Englisch, Deutsch, Französisch oder Spanien - Sprachentalent Cech pariert die Neugier aus halb Europa gelassen, freundlich und mit stoischer Ruhe. Seine bescheidene Art ist einer der Gründe dafür, warum der Torwart in seiner Heimat wie ein Nationalheld verehrt wird.

Anders als viele Jungstars des Landes ist ihm der Erfolg nicht zu Kopf gestiegen. Eskapaden und Skandale? Die sucht man beim Familienvater vergeblich. „Big Pete“ besticht mit Souveränität und Leistung - und ist damit der unumstrittene Leader im Team.

Siebenmal wurde er in seiner Heimat zum Fußballer des Jahres gekürt, 2005 sogar zum besten Schlussmann der Welt. „Mr. Perfect“ ist seit Jahren das Maß aller Dinge, wenn es um die Männer zwischen den zwei Pfosten geht. Dabei kam er nur durch Zufall zu seinem Job. Als in der Knabenelf von Skoda Pilsen der Keeper verletzt ausfiel, wurde der Sohn eines Spitzen-Zehnkämpfers von seinem Trainer in den Kasten gestellt - der Beginn einer großen Karriere.

Vor sechs Jahren war die Laufbahn des 1,96 Meter großen Modellathleten jedoch fast vorbei. Am 14. Oktober 2006 prallte Cech in einem Spiel der englischen Premier League mit Reading-Stürmer Stephen Hunt zusammen. Das Knie von Hunt traf Cech mit voller Wucht am Kopf. Der Torwart verlor das Bewusstsein, erlitt eine Schädelfraktur. Mindestens ein halbes Jahr Pause wurde veranschlagt.

Keine vier Monate später stand der Tscheche für den FC Chelsea wieder im Tor und spielte fehlerlos, als sei nie etwas passiert. Eines hat sich seit diesem Zusammenprall aber geändert. Cech trägt während der Spiele nun einen Schutzhelm, den er sich extra von einem neuseeländischen Rugby-Experten hat anfertigen lassen. Der schwarze Hut ist zu seinem Markenzeichen geworden.

Zwei Jahre später wurde der Helm noch um einen Kinnschutz erweitert, weil Cech erneut im Gesicht getroffen worden war und mit 50 Stichen genäht werden musste. Seitdem sieht der Keeper ein bisschen wie ein Außerirdischer aus. Respekt flößt er seinen Gegnern aber besonders durch Leistung ein.

Zuletzt zählten die Münchner Bayern zu seinen Opfern. Im Finale der Champions League parierte Cech gleich drei Elfmeter. Arjen Robben (in der Verlängerung), Ivica Olic und Bastian Schweinsteiger (im Elfmeterschießen) scheiterten am Keeper mit den Weltklasse-Reflexen.

Welchen Stellenwert Cech auch im Nationalteam hat, zeigten die Reaktionen nach dem Vorrundenspiel gegen Griechenland. Beim 2:1-Erfolg leistete sich der England-Legionär einen schweren Patzer, nach dem Anschlusstreffer wäre die Partie fast noch gekippt. Schuldzuweisungen gab es keine. „Petr hat uns so oft gerettet, heute konnten wir ihm mal etwas zurückgeben“, sagte der Leverkusener Michal Kadlec. Cech selbst nahm das Gegentor wie selbstverständlich auf seine Kappe. Ruhig und gelassen stellte er sich den Journalisten. Wie es seine Art ist.