Keiner kann es so wie Paul: Fußballkrake als Filmstar

München (dpa) - Oh Paul, allwissende Fußball-Krake! Hättest du dieses Jahr ein Einsehen gehabt und auf Deutschland als Europameister getippt? Doch du bist tot, seit eineinhalb Jahren ein Häuflein Asche.

Nun schwingt sich in Deiner Nachfolge die ganze Tierwelt zum Orakel auf.

Elefant, Zwergotter, Seehund und gar eine Kuh - sie alle haben in den vergangenen Wochen mehr oder minder erfolgreich versucht, das Schicksal der Nationalkicker vorherzusagen. Kaum ein Tier-Orakel konnte es Paul nachmachen, nur die Ludwigshafener Weinbergschnecke „Monika Häuschen“ lag bei den deutschen Spiele immer richtig - aber was ist schon eine lahme Schnecke gegen einen agilen Oktopus?

Denn Du, lieber Paul, warst besonders. Deshalb bist Du nun ein Filmstar in der Dokumentation „The Life and Times of Paul the Psychic Octopus“, zu deutsch „Leben und Wirken von Paul, der übersinnlichen Krake“ von Alexandre O. Philippe. Ein unterhaltsamer Film mit ironischem Unterton und lustigen Kraken-Animationen - zu sehen am Samstag (30. Juni) um 17.30 Uhr auf dem Filmfest München, und danach vielleicht irgendwann in Kinos bundesweit.

Es geht tragisch los. Pauls Einäscherung im Herbst 2010 unterlegt mit Gustav Mahlers schwermütigem Trauermarsch. Der Abschied fast ein Staatsakt mit Sarg und Gesteck aus weißen Rosen. Nach dem Sommer der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika, in dem Paul vom Aquarium in Oberhausen aus die Menschen weltweit in einen Taumel aus Verzückung, Aberglaube und Hoffnung versetzt hatte, nun der letzte Akt im Tierkrematorium Nordrhein. „Es ist traurig, aber es ist leider so“, sagt Pauls Tierpflegerin Gabi Barke im Film.

Das mit der Tragik ist rasch vorbei. „Paul war für ein Orakel sehr jung, aber für einen Oktopus sehr alt“, beschwichtigt der Besitzer des Aquariums, Oliver Walenciak. Fast drei Jahre wurde der Kopffüßler alt. In der Welt der Kraken war er also im Sommer 2010 so etwas wie ein alter Mann - vielleicht sogar mit Weisheit und hellseherischen Kräften gesegnet. Oder war es nur Zufall, dass er bei der WM achtmal den Sieger wählte und jedes Mal recht hatte?

Mathematiker, Historiker und andere Wissenschaftler streiten, Spaniens Nationalspieler Joan Capdevila ist überzeugt: Die Krake war nicht ganz unschuldig am Sieg Spaniens über die Niederlande im Finale. „Natürlich hat er uns beeinflusst“, meint der stolze Weltmeister. „Wenn Dich jemand zum Sieger kürt, bevor Du überhaupt gespielt hast, dann hilft Dir das!“

Spanier, Russen, Chinesen - alle wollten Paul, lebendig, und auch tot. Doch seine sterbliche Überreste sind immer noch in Oberhausen, auch wenn manche Deutsche ihn nach der Niederlage im WM-Halbfinale 2010 gegen Spanien auf dem Grill sehen wollten. Seine Asche ruht im Aquarium in einer goldfarbenen Krakenstatue, eingebettet in einen riesigen Fußball. Ein Traum eines jeden Fans! Und er ist immer noch präsent - zumindest wollen das die Esoterikerinnen Janine Wilbraham und Michelle Childerley spüren, die für den Film Kontakt mit der Seele des achtarmigen Tintenfisches aufgenommen haben. Pauls Botschaften: „Seek to forgive, suche nach Vergebung!“ und „Er will, dass man sich an ihn erinnert“.

Der Krakenexperte Michael Kuba reiht Paul jedenfalls bei den ganz Großen ein - zumindest in der Fantasy-Welt: „Paul ist definitiv der Luke Skywalker, der Harry Potter seiner Art“, schwärmt er im Film. Vielleicht sollte man Paul per Tiermedium bitten, vor der WM 2014 ein bisschen zu zaubern oder sein Laserschwert zu schwingen.

Lieber Paul, auch wenn Du Ehrenbürger in Spanien bist: Wir würden auch gern mal wieder Weltmeister werden!