„KingDsa-Dsa“ lässt Russen träumen
Breslau (dpa) - Die Russen sind wieder da. Nach der verpassten WM vor zwei Jahren trumpften sie zum EM-Auftakt groß auf. Die Art und Weise erinnerte an die starke Europameisterschaft 2008. Vor allem Jungstar Alan Dsagojew setzte eine erste Duftmarke.
Dick Advocaat war zum Scherzen aufgelegt. „Was? Der soll mit zur Pressekonferenz“, fragte der Niederländer mit grimmiger Miene und deutete auf Alan Dsagojew. Doch dann lachte der russische Nationaltrainer laut auf und legte den Arm um den 21 Jahre alten Stürmerstar von ZSKA Moskau. „Gut gemacht, Junge“, sagte Advocaat - er wusste, bei wem er sich an diesem Abend zu bedanken hatte.
Mit seinen beiden Treffern beim beeindruckenden 4:1 gegen erschreckend schwache Tschechen sorgte der Angreifer am Freitagabend in Breslau für einen perfekten Turnierstart der Russen und ließ die Fans schon von einer Wiederholung der begeisternden Fußball-EM vor vier Jahren träumen. Damals marschierte Russland in Österreich und der Schweiz mit beeindruckendem Offensiv- und Tempofußball bis ins Halbfinale, wo erst gegen den späteren Sieger Spanien Endstation war.
„KingDsa-Dsa!“, titelten mehrere russische Zeitungen am Samstag in Anspielung auf Dsagojews Namen und den sowjetischen Kultfilm „Kin Dsa-Dsa“ über eine technisch hoch entwickelte und der übrigen Menschheit überlegene Fantasy-Welt. Zumindest den Tschechen waren die Fußballer des Vize-Europameisters von 1988 auch deutlich überlegen.
„Das war der erste von sechs Schritten zum Titel“, sagte Dsagojew, der nach seiner bärenstarken Vorstellung zum „Man of the Match“ gekürt wurde, forsch. Dass er den Pokal dafür aus den Händen der kroatischen Stürmer-Legende Davor Suker bekam, machte ihn besonders stolz. „Als ich klein war, war er ein Vorbild von mir“, sagte der russische Wirbelwind.
Advocaat war ebenfalls zufrieden. „Es hat sich ausgezahlt, dass wir in der Vorbereitung nur einmal trainiert haben“, sagte der „kleine General“ in Richtung seiner Kritiker, die ihm vor dem Turnier zu lasche Arbeit vorgeworfen hatten. Überbewerten wollte der 64-Jährige den Erfolg aber nicht. Stattdessen übte er auch Kritik an seinem Team. „Wir haben zu viele Chancen ausgelassen und zu Beginn zu ängstlich agiert“, bemängelte der ehemalige Gladbach-Coach.
Doch nachdem die Russen ihre Nervosität abgelegt hatten, sorgten sie immer für Offensiv-Feuerwerk. Angetrieben von Dsagojew und Superstar Andrej Arschawin stürzten sie die Tschechen von einer Verlegenheit in die andere. Dsagojew (15. Minute, 79.), Roman Schirokow (24.) und der eingewechselte Roman Pawljutschenko (82.) erzielten die herrlich herausgespielten Treffer. Das Anschlusstor des Neu-Wolfsburgers Vaclav Pilar (52.) brachte die Russen nur kurzzeitig in Verlegenheit.
Auch nach der Partie attackierten sie den osteuropäischen Rivalen weiter. „Die Tschechen waren defensiv sehr schlecht“, stichelte Arschawin. „Das ist schließlich nicht Andorra. Obwohl: Gegen Andorra triffst du nicht immer so viel ins Netz“, meinte Torschütze Schirokow. Lob für die eigene Leistung gab es von Ex-Coach Guus Hiddink. „Die Russen sind für mich jetzt ein gefährlicher Außenseiter“, sagte Advocaats Landsmann und Vorgänger.
Die Tschechen waren nach dem missratenen Start dagegen geschockt. „Wir hatten große Probleme, den Ball zu kontrollieren“, sagte der blass gebliebene Tomas Rosicky. Der Leverkusener Michal Kadlec, der auf seiner linken Abwehrseite von Dsagojew phasenweise schwindelig gespielt wurde, gab sich dagegen trotzig. „1996 hat Tschechien auch das erste Spiel verloren und stand anschließend im Finale“, meinte Kadlec. Der Glaube an eine Wiederholung dieses Szenarios dürfte aber auch ihm schwerfallen.