Kupfers Euro 2012: Die Nacht von Charkow
Als wir das Rollfeld betraten, war es 3 Uhr in jener Nacht, in der „Oranje“ Trauer trug. Ein Tagestrip nach Charkow von Danzig ist nicht ohne Anstrengung zu haben, unter Journalisten aber gilt das Ganze nun als „apokalyptischer Höllentrip“.
Zweieinhalb Stunden standen wir auf dem Rollfeld, unbewegt, der Kapitän sprach von Schwachbegabten im Tower — und riet zur Entspannung. Ein Kollege von RTL ersehnte wortreich eine „Entführung“. Dann, sagte er, wisse man sich wenigstens in der Luft. Seine Kollegin Antonia Rados, dachte ich, würde schon den Rest erledigen.
Ein Reporter aus dem Bayrischen brummte genervt gegen 5.30 Uhr, dies sei der erste Flieger, der beim Start und nicht bei der Landung beklatscht werde. Nun gut, abgehakt.
Was ist das alles auch gegen die niederländische Reporterin, die nach dem Sieg der Portugiesen zu rechnen begann. „Wenn wir gegen Euch Deutsche verlieren, dann sind wir schon raus, oder?“, fragte sie, wir mussten das erst durchrechnen, deuteten ihr aber früh unser Mitleid an. „Macht gar nichts“, sagte die Kollegin, „eine Mutter gehört zu ihrem kleinen Sohn. Das versteht ihr, oder?“
Also: Wenn an den deutschen Sieg gegen Oranje auch noch solch Herzberührendes gebunden war, dann waren wir tatsächlich nichts weniger als einverstanden. Sie muss dann ja ganz bald nicht gerade über Charkow fliegen.