Kupfers Euro 2012: Mareks Meteorologie
Olaf Kupfer berichtet für unsere Zeitung aus Polen und der Ukraine.
Es regnet. Tagebücher über das Wetter zu schreiben, ist nicht erste Wahl. Aber Frustbewältigung. Marek bezeichnet das, was hier passiert, als polnischen Hochsommer. Er meint den metereologisch dafür vorgesehenen Zeitraum — nicht die Realität.
Mit Hinweisen auf entsprechende Differenzen ziehen wir den Guten gelegentlich auf. Denn Marek erfreut sich stets, wenn wir etwas Gutes über Polen sagen. „Ja, findest Du gut?“, sagt er dann immer so rührend. Ja, Marek, finde ich gut. Aber das Wetter? Nein, Marek, finde ich nicht gut. Fußball-Turniere haben einen Nachteil: Sie lassen den losen Kontakt von Haut und Sonne zu einer unerfüllbaren Sehnsucht verkommen.
In Südafrika bei der WM 2010 waren es 13 Grad unter Null beim Spiel Brasiliens gegen Nordkorea. In Polen hätte das anders kommen können. Einige hundert Meter von uns entfernt führt ein weißer Sandstrand in die Ostsee, kleine Bars aus Holz, in denen Fisch zum polnischen Gerstensaft gereicht wird, sind ein Versprechen in jedem EM-Katalog gewesen. Jetzt stehen sie da ohne Gast und schließen, wenn unsere Arbeit getan ist.
Im Sommer 2006 schien die Sonne über Deutschland, 2008 in Österreich und der Schweiz? Sommer pur. Turniere, die ich vor Ort betrachte, sind anders. Am Samstag lud ein Reiseveranstalter an den Strand ein, um uns Journalisten Geschmack auf die WM in Brasilien zu machen. Motto: Samba und Sonne satt.
Ich ging nicht hin, schrieb eine Mail: „Am Strand schließt gleich alles. Und in Brasilien regnet es. Herzlichst, Ihr Olaf Kupfer.“