Kurz-Comeback beflügelt Schweinsteiger

Gelsenkirchen (dpa) - Nach dem Abpfiff seines kurzen Comebacks verschärfte Bastian Schweinsteiger noch mal das Tempo. Der Kapitän hatte es eilig, der Flieger in den Kurzurlaub wartete auf ihn.

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Und der 31-Jährige bestieg die Maschine mit einem guten EM-Gefühl, wie er noch rasch am Spielfeldrand im verschwitzten Fußball-Nationaltrikot berichtete. „Ja“, sagte Schweinsteiger nach dem 2:0 gegen Ungarn im ZDF-Interview, er sei „definitiv“ fitter als vor zwei Jahren. Da war er ebenfalls verletzt in die Weltmeisterschaft gestartet und hatte diese als blutverschmierter Finalheld von Rio triumphal beendet.

„Bei der Vorbereitung auf die WM konnte ich eigentlich fast nichts machen. Jetzt konnte ich schon einiges machen in der Vorbereitung“, resümierte Schweinsteiger zufrieden in der Arena auf Schalke. 2014 konnte er in Brasilien nach einer Patellasehnentzündung im Knie erst im zweiten Turnierspiel eingreifen. In Frankreich traut er sich dagegen zu, schon im ersten EM-Spiel am kommenden Sonntag in Lille gegen die Ukraine wenigstens ein paar Minuten seinem Team zu helfen.

„90 Minuten ist schwer, eher nicht“, gestand er ehrlich. „Aber 25 Minuten, eine halbe Stunde, auch eine Halbzeit könnte schon gehen.“ Etwas mehr als 20 Minuten waren es in Gelsenkirchen. Mehr mochte Joachim Löw nicht riskieren bei seinem Kapitän, der im EM-Jahr zwei Innenbandverletzungen im rechten Knie erlitt und zuletzt Ende März gespielt hatte: „Der erste Schritt war wichtig. Wir wollten nicht, dass in dieser Phase was passiert“, sagte der Bundestrainer.

Seinen Kapitän zählt Löw zu den Spielern, die „natürlich noch nachholen“ müssten. „Er gibt der Mannschaft eine gewisse Sicherheit, wenn er auf dem Platz ist mit seiner Persönlichkeit. Den hohen Trainingsrhythmus muss er sich weiter erarbeiten. 45 Minuten wären noch zu viel gewesen. Das erste Spiel birgt immer eine Gefahr.“

Es ist gut gegangen. Es war 19.26 Uhr, als am Samstagabend auf der Anzeigetafel des Vierten Offiziellen die Nummer 7 aufleuchtete. Unter großem Beifall betrat Schweinsteiger den Rasen. Spektakuläres konnte er den Fans nicht liefern, immerhin überstand er aber kurz nach seiner Einwechslung eine Schrecksekunde. Der Bremer Laszlo Kleinheisler ging mit gestrecktem Bein in einen Zweikampf, verfehlte Schweinsteigers Knie aber zum Glück knapp. Auch danach agierte der Kapitän neben Mesut Özil im defensiven Mittelfeld unfallfrei.

In den Stadion-Katakomben drehte sich nach der EM-Generalprobe fast alles um den 115-maligen Nationalspieler. „Bastian ist eine wichtige Personalie bei uns in der Mannschaft“, sagte Benedikt Höwedes: „Er ist der Kapitän, er geht immer mit voran. Über seine Qualitäten brauchen wir nicht zu streiten. Es ist wichtig, ihn fit in unseren Reihen zu haben.“ Der Schalker Kapitän wagte diese EM-Prognose: „Er wird noch eine enorm wichtige Rolle für uns im Turnier spielen.“

Am wichtigsten war eine Woche vor dem EM-Start gegen die Ukraine, dass Schweinsteigers Knie stabil erscheint und er dem Zeitplan im Aufbau voraus ist. Weltmeister-Kollege Toni Kroos kommentierte die Rückkehr des Turnier-Veteranen mit norddeutsch trockenem Humor: „Er war zumindest mal so weit, dass er ein paar Minuten unverletzt geschafft hat.“ Bei Manchester United hatte Schweinsteiger seit Jahresbeginn gerade 141 Minuten gesund auf dem Spielfeld gestanden.