Löw kontert Scholls Kritik an Siegenthaler

Évian-les-Bains (dpa) - Der Konter des Bundestrainers kam mit Verzögerung, aber gezielt: Sowohl Joachim Löw als auch der gerügte Chefscout Urs Siegenthaler haben die Kritik des ARD-Experten Mehmet Scholl deutlich zurückgewiesen.

„Ich finde es äußerst negativ, wenn man wertvolle Mitarbeiter von mir in meinem Stab persönlich angreift. Das finde ich nicht in Ordnung, weil Außenstehende die Abläufe, die es intern gibt, und welche Dinge wir intern wann und wie besprechen, nicht beurteilen können“, sagte der Bundestrainer in Évian-les Bains.

Dass man die Taktik auch am Gegner ausrichten müsse, sei doch völlig normal, erklärte Löw mit Blick auf den Erfolg im EM-Viertelfinale gegen Italien. „Man kann ja nicht ins Spiel gehen und sagen, wir spielen wie immer, es geht nur um unsere eigenen Stärken. Der Gegner ist uns eigentlich völlig egal. Das wäre ja fahrlässig, das wäre völlig naiv und unprofessionell“, dozierte Löw. „Das bereiten unsere Leute sehr gut vor - wie der Urs und sein Stab.“

Siegenthaler reagierte deutlich: „Vor 1000 Jahren haben die Menschen die Erde auch nicht als Kugel gesehen“, sagte Siegenthaler in der „Bild“-Zeitung. „Ich weiß nicht, was ich Herrn Scholl getan habe. Jeder kann erzählen, was er will - frei und unbefangen. Sich so zu äußern, ist Scholls gutes Recht. Ich kenne ihn allerdings persönlich nicht“, fügte der Schweizer hinzu.

Experte Scholl hatte die Umstellung von Löw zu einer Dreierkette in der Abwehr nach dem Viertelfinal-Erfolg kritisiert und war dabei DFB-Chefscout Siegenthaler persönlich hart angegangen. „Der Herr Siegenthaler möge bitte seinen Job machen, morgens liegen bleiben, die anderen zum Training gehen lassen und nicht mit irgendwelchen Ideen...“, hatte Scholl nach dem Elfmeterkrimi kommentiert.

„Das Medienrauschen habe ich natürlich mitbekommen und die Diskussion um diese taktische Variante. Klar, da kann man geteilter Meinung sein. Das ist das Recht von jedem, eine andere Meinung zu haben. Für solche Dinge bin ich offen“, erklärte Löw. „Wenn das persönlich wird, dann finde ich das nicht in Ordnung. Da sollte sich der eine oder andere Gedanken drüber machen. Wenn einer der Meinung ist, die Taktik ist gut oder weniger gut oder falsch, ist das die Sache jedes Einzelnen. Das gehört zum Fußball dazu und diese Diskussionen sind für mich auch völlig normal.“

Scholl verärgerte als ARD-Experte den DFB schon in der Vergangenheit. So ging er 2012 bei der EM Torjäger Mario Gomez nach einem Spiel an: „Ich hatte zwischendrin Angst, dass er sich wund gelegen hat, dass man ihn wenden muss.“ Dafür entschuldigte sich Ex-Nationalspieler Scholl später.