Löws EM-Puzzle: „Sind gut aufgestellt“
Berlin (dpa) - Julian Brandt, Leon Goretzka, Jonathan Tah, Joshua Kimmich, Leroy Sané, Max Meyer, Julian Weigl oder Mahmoud Dahoud? Noch ist die Liste der Überraschungskandidaten lang, die den Sprung in den dann noch erweiterten EM-Kader von Joachim Löw schaffen könnten.
Am 17. Mai wird der Bundestrainer an einem symbolträchtigen Ort sein vorläufiges Aufgebot für die Fußball-EM bekanntgeben - in der französischen Botschaft in Berlin. Es könne „locker sein“, dass ein, zwei Spieler, „die bisher noch nicht so im Fokus stehen“, dabei sind, kündigte Löw bereits an.
Der Weltmeistercoach braucht für sein Unternehmen „EM-Titel 2016“ eine gute Mischung aus Weltmeistern, weiteren erfahrenden Kräften und jungen Wilden, wenn am 12. Juni in Lille mit dem ersten Gruppenspiel gegen die Ukraine das Turnier für das DFB-Team beginnt. „Eigentlich“, so sagte Löw kürzlich, „sind wir gut aufgestellt“. Der 56-Jährige wies aber zugleich auf einige Fragen hin, die den Erfolg bei der Tour de France entscheidend beeinflussen können: Kommen die noch verletzten Spieler rechtzeitig zurück? Sind sie im Juni in Topform? Wie läuft die Vorbereitung? Vor allem aber: Wie verläuft das Turnier?
Zumindest die unmittelbare Turniervorbereitung, auf die Löw seit seinem Amtsantritt als Bundestrainer vor zehn Jahren herausragenden Wert legt, wird durch das Halbfinal-Aus der Bayern in der Champions League ein Stück leichter. Der Bundestrainer kann für das Trainingslager ab 23. Mai in der Schweiz nun auch in vollem Umfang mit den Münchner Weltmeistern Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Thomas Müller und Mario Götze planen. Sie werden durch das DFB-Pokalfinale am 21. Mai wie Löws Kandidaten von Borussia Dortmund nur die ersten Trainingseinheiten des EM-Kaders in Ascona verpassen.
Unberechenbar bleibt die Verletzten-Situation. Abwehrchef Jérôme Boateng und der Schalker Benedikt Höwedes, beim WM-Triumph vor zwei Jahren in Brasilien große Abwehrstützen, stehen bei ihren Vereinen wieder im Spielbetrieb. Ob Kapitän Bastian Schweinsteiger rechtzeitig fit und wieder in Form kommt, ist weiter ungewiss. Der 31-Jährige steckt noch mitten in der Rehabilitation, nachdem ihm die Schiene am rechten Knie entfernt wurde. Wolfsburgs Julian Draxler könnte nach überstandenem Muskelbündelriss am Samstag zum Bundesliga-Abschluss beim Hamburger SV sein Comeback feiern.
Der EM-Ausfall von Ilkay Gündogan (ausgerenkte Kniescheibe) bewies einmal mehr, wie schnell Pläne zerstört werden können. Löw sprach von einem „Rückschlag“, Nationalspieler Thomas Müller von einem „herben Verlust“. Bayern-Kollege Manuel Neuer verwies auch auf die ungewisse Situation von Mittelfeld-Organisator Schweinsteiger: „Jetzt noch einer, der diese Position sehr gut spielen kann.“
Eine Wadenzerrung stoppt aktuell auch Weltmeister Sami Khedira bei Juventus Turin. Erfreulich ist für Löw immerhin, dass Emre Can beim FC Liverpool wieder im Einsatz ist. Der vielseitige Can kann auch im defensiven Mittelfeld eine Alternative sein. Dass der Bundestrainer beim jüngsten 4:1-Sieg gegen Italien schon einmal Toni Kroos und Mesut Özil als gemeinsame Spielmacher testete, könnte sich noch als vorausschauend erweisen. Löw wird voraussichtlich zunächst mehr als die 23 Spieler nominieren, die er dann am 7. Juni mit ins EM-Stammqartier nach Évian-les-Bains am Genfer See nehmen darf.
Der verletzte Schweinsteiger (Innenbandverletzung im Knie) bleibt ein Sonderfall. „Vor jedem Turnier gibt es verletzte Spieler. Schweinsteiger war auch vor der WM 2014 verletzt, dazu Sami Khedira. Und wir haben es doch noch irgendwie geschafft“, erinnerte Löw.
Mit Lukas Podolski, der im DFB-Team schon seit Jahren keine Stammkraft mehr ist, scheint der Bundestrainer auch für Frankreich zu planen: „Lukas ist ein Spieler, den ich schon lange kenne. Er hat über all die Jahre hinweg immer alles für die Nationalmannschaft gegeben. Er kann schon noch auf einem hohen Niveau spielen.“
Löw ist für Überraschungen bei der Nominierung bekannt. Es hat auch schon große Namen getroffen, wie Mario Gomez vor der WM 2014. Der Torjäger hat sich für die EM zurückgekämpft. Löw könnte auch aktuelle Topform belohnen, etwa beim nach langer Verletzung aktuell so starken Gladbacher André Hahn. Der Großteil der Plätze im EM-Aufgebot ist aber fest vergeben. Erst am 30. Mai muss Löw seinen endgültigen 23-Mann-Kader bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) melden.