Mit Matchplan und Teamgeist - der Weg zum Erfolg

Berlin (dpa) - Ein ausgetüftelter Matchplan, dazu ein guter Teamgeist und im richtigen Moment das nötige Glück.

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Weniger die sündhaft teuren Stars und Torjäger sind bei der Fußball-EM in Frankreich das Erfolgsgeheimnis der verbliebenen Teams, ein starkes Kollektiv und kluge Trainer gaben bis zu den Viertelfinals oftmals den Ausschlag. „Die Mannschaft“ hieß es schon 2014 beim WM-Triumph der deutschen Auswahl in Rio, und auch zwei Jahre später wurde das Motto wiederbelebt.

Sechs verschiedene Torschützen, beim Weltmeister ragt kein Einzelakteur heraus. Kapitän Bastian Schweinsteiger beschreibt es treffend: „In einem Spiel ist es entscheidend, dass alle elf Spieler funktionieren.“ Dazu ein Trainer, der das Team akribisch auf den nächsten Gegner vorbereitet. Gegen Italien stellte Joachim Löw von Vierer- auf Dreierkette um. Das sei dringend nötig gewesen, entgegnet der Bundestrainer den Kritikern und betont: „Manchmal muss man Italien mit den eigenen Mitteln und Intelligenz schlagen.“

Intelligent ist auch der walisische Coach Chris Coleman, der den EM-Debütanten sensationell ins Halbfinale geführt hat. Die „Drachen“ verfolgten beim 3:1 gegen Belgien einen klaren Plan. Ein Rüstzeug, das den hochbegabten Stars um Kevin De Bruyne, Eden Hazard und Co. fehlte, was nun zu heftigen Diskussionen um den viel kritisierten Coach Marc Wilmots führte. Zwar haben die Waliser auch einen Weltklassefußballer in ihren Reihen, mit Gareth Bale gar den teuersten überhaupt. Doch auch der Superstar von Real Madrid weiß sich einzuordnen. Bale ist sich nicht zu schade, am eigenen Strafraum in Zweikämpfe zu grätschen. Er muntert die Teamkollegen auf, er motiviert, er kämpft. Wenn andere - wie gegen Belgien - die Tore schießen, gehört er zu den ersten Gratulanten.

Ohne Teamgeist, Willen und Leidenschaft wäre auch das Wunder Island kaum möglich gewesen. 23 mittelbegabte Fußballer aus einem Land, das nicht mehr Einwohner als Bielefeld hat, zeigte den millionenschweren England-Stars um Wayne Rooney die Grenzen auf. Perfekt eingestellt wurden sie vom schwedischen Taktiker Lars Lagerbäck. Sein Gegenüber Roy Hodgson hatte dagegen offenbar nur eines geplant: seinen Rücktritt, den er 19 Minuten nach der Schmach von einem Zettel ablas.

Dass elf hochkarätige Einzelspieler noch keinen Europameister machen, zeigte auch der entthronte Titelverteidiger Spanien. Ballbesitz-Fußball, der zu nichts führte, war das Ergebnis bei der Endrunde in Frankreich. Wenn Löw betont, dass man immer sein Spiel weiterentwickeln müsse, traf dies auf Spanien jedenfalls nicht zu. Das Tiki-Taka-Spiel, das den Spaniern zwei Europa- und einen Weltmeistertitel einbrachte, scheint ausgedient zu haben. Die Kroaten hatten schon in der Gruppenphase die Schwächen der Selección aufgedeckt, Italien verpasste dem alten Rivalen schließlich den K.o.

Apropos Italien. Als Rentner-Truppe verspottet, zeigte Trainer Antonio Conte, was mit mittelmäßig talentierten Fußballern wie Graziano Pelle oder Eder alles möglich ist - wenn das Konzept stimmt. Nicht nur Catenacchio, sondern auch ein kluges Umschaltspiel machten Italien zu einem echten Titelanwärter. Bis ins letzte Detail plante der zukünftige Chelsea-Coach die EM durch, nur die Sache mit dem Elfmeterschießen hatte er offensichtlich so nicht auf dem Zettel.

Bliebe noch Portugal. Lautet der Plan von Trainer Fernando Santos mit möglichst geringem Aufwand den maximalen Ertrag einzufahren, geht dies bei der EM seit der K.o.-Phase perfekt auf. Zweckfußball heißt inzwischen die Devise. In keinem der fünf Spiele lag das Team um den bislang enttäuschenden Superstar Cristiano Ronaldo nach 90 Minuten vorn, ganze 22 Minuten kam Portugal in den Genuss einer Führung. Gegen Kroatien gelang der Sieg im Achtelfinale nach einem Konter in der 117. Minute, gegen Polen bedurfte es eine Runde später eines Elfmeterschießens. Aber ohne Glück ist noch kein Team Europameister geworden.