Perfekte Bewerbung von McGovern: Nordirland im Achtelfinale
Paris (dpa) - Der bald arbeitslose Michael McGovern hat die große Bühne Fußball-EM für die bestmögliche Bewerbung in eigener Sache genutzt und Nordirland mit seinen Paraden gegen Deutschland das Achtelfinale gegen den Insel-Nachbarn Wales ermöglicht.
„Er ist ein herausragender Torwart. Die Teamkollegen haben ihm applaudiert in der Kabine“, berichtete Coach Michael O'Neill nach dem 0:1 gegen Deutschland. „Er hat bravourös gehalten“, lobte auch Bundestrainer Joachim Löw.
Neun Tage vor dem Auslaufen seines Vertrages beim schottischen Erstligisten Hamilton Academical FC zeigte der 34 Jahre alte McGovern eine bärenstarke Leistung und vereitelte zahlreiche der elf deutschen Großchancen im Alleingang. „Es würde mich überraschen, wenn es in der englischen Premier League keine Interessenten für ihn geben würde. Er verdient einen Topverein“, sagte O'Neill.
Ob gegen Mario Götze, Thomas Müller oder wenige Minuten vor Schluss gegen Mario Gomez - fast immer brachte McGovern ein Körperteil zwischen Ball und Tor und sicherte damit die Tordifferenz seiner Nordiren. Einzig nach einer halben Stunde traf Gomez zum 1:0. „Ich habe das Spiel sehr genossen“, sagte McGovern nach der laut eigener Einschätzung besten Partie seiner Karriere. „Er hat schon in den ersten zehn Minuten drei Hundertprozentige gehalten“, lobte Toni Kroos und Mats Hummels meinte: „Das war der beste Mann heute.“
Weil die Türkei gegen Tschechien im Anschluss 2:0 gewann, standen die Nordiren bei der ersten EM-Teilnahme in der Geschichte des Landes schon sicher als einer der vier besten Gruppendritten in der K.o.-Runde. Dort geht es nun gegen Gareth Bale & Co.
Für die Fans ein Grund, bei ihrer Party in Paris noch einen Gang höher zu schalten. Noch weit nach Mitternacht nutzen sie jede sich bietende Gelegenheit für Gesänge in den Pariser Straßen und der Metro - zur Freude der umstehenden Franzosen und deutschen Fans.
Die Fußballer der „Green and White Army“ hielten sich mit ihren Emotionen dagegen zurück. Nach dem raschen Rückflug schon zurück im Großraum Lyon erfuhren die Spieler um Kapitän Steven Davis das Resultat in einem Bus und beklatschten es zwar. Doch der ganz große Jubel blieb, wohl auch aus Erschöpfung nach dem harten Duell mit dem Weltmeister, aus. „Wir wissen wie man feiert. Aber wir lassen es locker angehen, die nächsten Spiele werden schnell kommen“, hatte Oliver Norwood zuvor schon sicherheitshalber prognostiziert.
Nordirland, Wales, England - die drei vertretenen Teams aus Großbritannien sind allesamt in der K.o.-Phase. Sehr zur Freude von Premier David Cameron, der wie Golfstar Rory McIllroy via Twitter O'Neills Mannschaft mit einem „Gut gemacht“ gratulierte und ergänzte: „Fantastisch, dass drei Heimatnationen weiter sind.“
Im Achtelfinale haben die Nordiren in McGovern, der noch in der Qualifikation nur Teilzeitarbeiter war und sich die Einsätze mit Roy Caroll teilte, nun auf jeden Fall einen vor Selbstvertrauen strotzenden Keeper als Rückhalt. Und einen, der sich wegen seiner persönlichen Zukunft keinerlei Sorgen macht: „Ich bin ambitioniert, ich möchte so hoch spielen, wie ich kann. Ich denke, das Spiel hat mir nicht geschadet.“