Pfiffe gegen Turan - Çalhanoğlu: „Da stimmt was nicht“

Nizza (dpa) - Noch auf dem Spielfeld nahm Spaniens Superstar Andrés Iniesta den türkischen Kapitän Arda Turan tröstend in den Arm. Turan war zuvor beim verdienten 0:3 (0:2) der Türken gegen den Titelverteidiger von den eigenen Fans ausgepfiffen worden.

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Mit jedem Ballkontakt des 29-Jährigen wurden die Buhrufe der türkischen Fans im zweiten Durchgang lauter. „Es war sehr schwer für ihn heute“, sagte Iniesta später. „Es bleibt für mich ein bitterer Nachgeschmack“, sagte der spanische Zauber-Fußballer, der zusammen mit Turan beim FC Barcelona spielt.

Turan verließ den Rasen im Stade de Nice mit gesenktem Kopf. Seine Mitspieler bildeten eine Art Spalier, als er auf dem Weg in die Kabine war. Jeder einzelne nahm den Offensivspieler in den Arm, strich ihm mit der Hand über den Kopf und versuchte, ihn aufzubauen. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass unsere eigenen Fans ihn ausbuhen und die Spanier ihn anfeuern“, sagte Leverkusens Hakan Çalhanoğlu. „Da stimmt was nicht.“

Turan war bereits nach dem 0:1 zum Auftakt gegen Kroatien in der Heimat als einer der Sündenbocke ausgemacht worden. Am Freitagabend spielte er genauso schlecht wie seine Teamgefährten. Doch schuld war für die türkischen Fans offenbar nur Turan. Was auch Türkei-Trainer Fatih Terim erzürnte. „Das darf nicht passieren“, sagte Terim. „Das hat niemand verdient und es hatte auch Einfluss auf unser Spiel.“

Der schändliche Umgang der eigenen Fans mit ihrem Kapitän passte zum desaströsen Gesamteindruck, den die Türkei in Nizza abgab. Mut-, kraft- und ideenlos ergaben sich die Türken in ihr Schicksal und stehen nach zwei Spielen mit null Punkten vor dem Aus. „Wieder eine schmerzliche Enttäuschung“, klagte die Tageszeitung „Milliyet“. Und die Sportzeitung „Foto Mac“ titelte: „Adios!“

Auch Coach Terim war nach dem blutleeren Auftritt seines Teams erzürnt. „Das kann ich nicht akzeptieren“, sagte der erfahrene Trainer. „Die Spieler haben das Handtuch geworfen“, sagte Terim. Das habe er weder als Spieler noch als Trainer nie in seinem Leben gemacht. „Danke Spanien, dass du nicht sechs oder sieben Tore geschossen hast“, schrieb die „Hürriyet“.

„Wir wissen selber nicht genau, woran es liegt“, sagte Çalhanoğlu. Die Leverkusener verwies aber auf die bereits holprig verlaufende Qualifikation. „Wir sind nicht einfach so ins Turnier gekommen, sondern haben es sehr schwer gehabt. Wir haben es mit Ach und Krach geschafft“, sagte Çalhanoğlu, ehe er im Mannschaftsbus verschwand.

Dort ging die Aufbauarbeit für den verschmähten Turan weiter. „Heute gibt es keinen Arda, keinen Mehmet, keinen keine Ahnung wer. Wir haben heute als Mannschaft verloren“, sagte der Mittelfeldspieler. Und der Neu-Dortmunder Emre Mor fügte hinzu. „Er ist der König und er wird immer der König bleiben.“