Schiri Brych in der EM-Warteschleife
Marseille (dpa) - Jetzt kann Felix Brych nur noch warten. Zum einen auf den Ausgang des Duells zwischen Deutschland und Italien am Samstag in Bordeaux.
Zum anderen auf das Urteil der UEFA-Schiedsrichterkommission mit ihrem strengen Chef Pierluigi Collina. Wie bewertet das Gremium der Europäischen Fußball-Union die Szene in der 30. Minute des EM-Viertelfinals zwischen Polen und Portugal? Nach einem heftigen Rempler des polnischen Abwehrspielers Michal Pazdan ging Cristiano Ronaldo zu Boden, doch Deutschlands Spitzenschiedsrichter verweigerte dem Superstar einen Elfmeter.
Brych ist bei dieser Europameisterschaft ein Endspiel-Kandidat. Doch das bleibt er nur, wenn die deutsche Mannschaft nicht ins Halbfinale kommt - und ihm die UEFA seinen Fehler vom Donnerstagabend nachsieht.
„Ich rede grundsätzlich nicht gerne über die Schiedsrichter“, sagte Portugals Trainer Fernando Santos im Stade Velodrome von Marseille. Mit 5:3 im Elfmeterschießen (1:1,1:1,1:1) hatte Portugal gegen Polen gewonnen und das Halbfinale erreicht. Santos war also durchaus wohlgelaunt, sagte aber in aller Deutlichkeit: „Die Schiedsrichter waren bislang sehr gut. Aber sie haben jetzt zwei Elfmeter für uns nicht gepfiffen. Das hätte auch schlecht für uns ausgehen können.“
Er spielte auf eine Situation aus dem Achtelfinale gegen Kroatien an, als Nani im Strafraum von Ivan Strinic gefoult wurde. Und auf die Szene mit dem erneut blassen Ronaldo, die allerdings auf den ersten schnellen Blick und vor allem ohne die Hilfe von Fernsehbildern für den Unparteiischen nicht so eindeutig zu erkennen war.
Von den Experten der französischen Sportzeitung „L'Équipe“ bekam Brych am Freitag die Note 5 auf einer Skala bis zum Bestwert 10 - will wohl heißen: Bei dem Foul an Ronaldo lag er daneben, ansonsten aber gab es nichts zu beanstanden. Tatsächlich leitete Brych bis auf die knifflige Szene nach einer halben Stunde die Partie erneut souverän, gelassen und ohne unnötige Gestik oder Theatralik.
Weder das Pfeifkonzert der portugiesischen Fans noch der in der Verlängerung auf den Rasen stürmende Flitzer brachten den 40 Jahre alten Juristen aus München aus der Ruhe. Für seine guten Leistungen in der Gruppenphase bei den Spielen England gegen Wales (2:1) und Schweden gegen Belgien (0:1) hatte er viel Lob erhalten - auch von Collina vor allem für den Auftritt im britischen Duell.
In einem insgesamt spielerisch enttäuschenden Viertelfinale konnte oder musste sich Brych ansonsten kaum auszeichnen. In der ersten Hälfte kam er ohne Verwarnung aus, ermahnte aber früh energisch Polens Krzysztof Maczynski und Bayern-Neuzugang Renato Sanches. In den anschließenden 75 Minuten zückte Brych viermal zurecht Gelb.
Unabhängig von den Bewertungen der strittigen Szene ist allerdings sein EM-Aus besiegelt, wenn Deutschland am Samstag gegen Antonio Contes Italien gewinnt und das Halbfinale erreicht. Dann ist nach den UEFA-Regularien das Turnier für Brych und sein Team definitiv vorbei.