Torgier beflügelt Müller und Gomez
Paris (dpa) - Thomas Müller, der heimliche Stürmer, legte auf im Pariser Prinzenpark. Und Knipser Mario Gomez bugsierte den EM-Ball „Beau Jeu“ (Schönes Spiel) irgendwie ins Tor der Nordiren. Der Plan von Joachim Löw ging auf - Deutschland ist Gruppensieger bei der Fußball-EM in Frankreich.
Am Tag nach der ganz speziellen Torkombination flimmerte in der Heimat die spielentscheidende Szene noch oft über die TV-Schirme. „Wenn zwei Spieler mit Bügeleisen in den Schuhen zu kombinieren anfangen, dafür ist es ganz gut gelaufen“, scherzte Müller am Mittwoch im „ZDF-Morgenmagazin“.
In den Stadionkatakomben hatte der Münchner Torjäger noch ein bisschen geschwankt zwischen der Freude über das kollektive 1:0 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft über den harmlosen Außenseiter Nordirland und seinem Ärger über eine Reihe von eigenen verpassten Torgelegenheiten. „Mit ein paar wirklich schönen, sauberen Kommbinationen haben wir Chancen herausgespielt. Das war das Schöne. Nicht so schön: Wir haben zu wenig Tore daraus gemacht“, erklärte Müller, der eigentlich treffsicherste Angreifer im Weltmeisterteam.
Einmal die Latte, einmal der Pfosten und ein toller nordirischer Keeper Michael McGovern verhinderten das erste EM-Tor von Müller überhaupt. Dass der 26 Jahre alte Bayern-Star überhaupt wieder Chancen am Fließband besaß und gleich an einem halben Dutzend gefährlichen Offensivaktionen beteiligt war, hob aber die Stimmung. „Wenn ein Stürmer Chancen hat, ist das ein gutes Zeichen. Heute war er nah dran. Ich denke, dass es beim nächsten Mal klappt“, sagte Bundestrainer Löw. Nein, Sorgen mache er sich um Müller nicht.
Mit der Aufstellung von Müller und Gomez hat Löw dazu beigetragen, dass der nordirische Beton bröckelte und zumindest einmal gesprengt wurde. „Mario Gomez hat das Tor gemacht, das war gut. Er war im Training schon sehr torgefährlich. Deswegen ist er ja auch dabei, damit wir mal einen anderen Spielertypen in die Spitze stellen können, nicht eine falsche Neun, sondern eine richtige Neun“, erläuterte Löw seine Maßnahme: „Er war zwei-, dreimal gefährlich.“
Zudem eröffnete die Hereinnahme des offensiv orientierten Turnierneulings Joshua Kimmich auf der rechten Außenbahn auch Müller neue Möglichkeiten. „Ich war einen Tick mehr im Zentrum, da ist der Weg zu der Gefahrenzone eben kürzer“, erläuterte Müller.
Es war kein Zufall, dass die „Bügeleisenkicker“ Gomez und Müller, deren Dribblings nicht so federleicht und filigran wirken wie etwa bei Mesut Özil oder wenigstens hin und wieder auch Mario Götze, letztlich die Matchwinner waren. Beide haben bei jeder Aktion einfach nur im Sinn, den Ball in den gegnerischen Kasten zu befördern.
„Ich war sehr gierig, dass ich Möglichkeiten bekomme“, beschrieb Müller diesen besonderen Antrieb. Der soll auch in der K.o.-Runde zum Vorteil für Löws Teams werden. „Wir müssen einfach weiter geil darauf sein, Tore zu erzielen“, betonte der 32-malige Länderspiel-Torschütze Müller vor seinem 75. Einsatz im Nationaltrikot.
Gomez, noch eine andere Spezialkraft als Müller, traf zum 28. Mal für Deutschland. „Mario ist ein Spieler, der gerne im Zentrum bleibt. Das war gegen die Nordiren wichtig“, bemerkte Löw. Eine unbequeme und auch schmerzliche Aufgabe gegen die kantigen Nordiren. „Das war nicht unbedingt ein Vergnügen“, verwies Gomez auf die „britische Härte“ des Gegners. „Ich sollte die zwei Innenverteidiger binden, um Platz zu schaffen für die Mitspieler.“ Das klappte gut, allerdings versiebten Özil, Götze und auch Müller etliche Hundertprozentige. So musste Gomez eben auch noch seinen Hauptjob erledigen: Das Tor schießen.