„Imperator“ und der Geschichtsprofessor: Terim schweigt

Lens (dpa) - Fatih Terim schweigt. Zumindest beim öffentlich-rechtlichen türkischen TV-Sender TRT.

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Der charismatische türkische Nationalcoach - wegen seines mitunter kompromisslosen Auftretens in der Türkei auch „Imperator“ genannt - hatte nach dem 2:0 (1:0) im letzten Gruppenspiel gegen Tschechien keine Lust, Fragen eines TRT-Redakteurs zu beantworten. „Sehen Sie es mir nach, aber ich werde Ihnen nichts sagen“, meinte Terim trotz des ersten EM-Sieges. Zu sehr verärgert war der 62-Jährige wegen der zuvor heftigen Kritik an ihm.

Ein Akademiker hatte ihm dabei besonders zugesetzt. „Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kritisiert uns ein Geschichtsprofessor. Das kann ich nicht fassen“, hatte Terim am Tag vor dem Spiel bereits gewettert und dabei immer wieder den Kopf geschüttelt: „Ein Geschichtsprofessor.“

Mehr wegen der Reaktion Terims als durch seinen Auftritt in einer TRT-Sendung wurde Ahmet Simsirgil inzwischen fast zu einer kleinen Berühmtheit in der Türkei. Der Gelehrte der Marmara-Universität in Istanbul war bei TRT1 zu Gast - eigentlich um sein Buch über die Osmanen vorzustellen. Eine kurze Frage zur 0:3-Niederlage der Türkei bei der EM gegen Spanien mündete dann in einem Monolog Simsirgils. „Wer Geschichte versteht, versteht auch den Fußball. Wir müssen unseren Spielern zuerst die Geschichte lehren“, befand der Professor und forderte Terim sogar zum Rücktritt auf.

Dessen Reaktion am Montag in Lens waren fassungsloses Kopfschütteln, eine eindeutige Botschaft („Unsere Kritiker werden irgendwann alle ihr Fett wegkriegen“) und sein persönlicher TRT-Boykott. Den Sieg am Dienstag genoss Terim trotzdem in vollen Zügen.