#Euro2016 Von Boateng bis Götze - Die deutsche Vorrundenbilanz

Paris. 16 seiner 23 Spieler hat Joachim Löw eingesetzt in den drei Vorrundenspielen. Der Gruppensieg ohne Gegentor legen den Schluss nahe, dass es nicht die ganz falschen waren. Drei Tore aus den Partien gegen die Ukraine (2:0), Polen (0:0) und Nordirland (1:0) zeigen nach Defensiv-Blackouts zu Turnierbeginn aber auch, wo der Schuh drückt: In der Spitze.

Boateng war der beste Deutsche in der Vorrunde.

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Wer darf weiter ran, und wer hat ausgespielt? Eine Übersicht.

Manuel Neuer: Drei großartige Paraden gegen die Ukraine, drei sehr gute gegen Polen, danach ein Betriebsausflug in den Prinzenpark. Konnte dabei den Fangesängen der Nordiren lauschen. Als einziger bisher ohne Gegentor. Tendenz: Bleibt bis zum Saint-Nimmerleinstag im Tor.

Benedikt Höwedes: Nur solides Fußwerk als Rechtsverteidiger in den ersten beiden Partien. Darum in der dritten zunächst draußen. Weil er aber solides Fußwerk geboten hatte, vertrat er gegen Nordirland zur Vorsicht Jerome Boateng. Tendenz: Erster Einwechselspieler in der Defensive.

Jerome Boateng: Drei Monate Pause, erst seit sieben Wochen wieder im Spielbetrieb. Von der ersten Minute an der beste deutsche Spieler. Rettete Neuer, Shkodran Mustafi und Mats Hummels deren saubere Bilanz gleich mit. Tendenz: Mindestens All-Star-Team.

Shkodran Mustafi: Gestern gefeierter erster deutscher EM-Torschütze, heute ausgemustert — Mats Hummels war nach dem Ukraine-Spiel zurück. Eine kleine sportliche Tragödie für Mustafi, aber der Mann ist ja erst 24. Tendenz: Ohne Verletzung der Kollegen keine EM-Minute mehr.

Mats Hummels: Zähneknirschend auf der Bank im ersten Spiel, ab dem zweiten zuverlässig zur Stelle. Den Unterschied zwischen Note zwei und eins muss er gegen wirklich gute Gegner noch aufzeigen. Tendenz: Alternativlos, wenn die Muskelfasern halten.

Jonas Hector: Kann sich jederzeit darauf verlassen, dass er der einzige Linksverteidiger im Team ist, sollte dies aber nicht. Besonders in der Offensive darf es gegen schwache Gegner mehr sein, defensiv stehen seine Proben noch aus. Tendenz: Wird keine EM-Minute verpassen.

Joshua Kimmich: War in Journalistenkreisen schon im ersten Spiel erwartet worden, von Trainerkreisen aber erst im dritten gebracht. Schoss dann erwartungsgemäß durch die Decke. Rechts hinten das Beste seit Philipp Lahm. Tendenz: Wohl gesetzt für die Turniere bis 2026.

Toni Kroos: Dirigiert jede Offensiv-Aktion, mal mit vielen schmucken Kurzpässen, mal mit wenigen schmucken langen Pässen. Ist der Verbindungsoffizier zwischen Defensive und Offensive, darf aber demnächst auch mal als Scharfschütze glänzen. Tendenz: Zur höchsten Weihe fehlt noch ein Stück.

Sami Khedira: Der (r)echte der zwei Sechser ist wesentlich offensiver unterwegs als Kroos, läuft mehr und wirft sich bei Bedarf ohne Rücksicht auf Verluste in Zweikämpfe. In allen Spielen ordentlich, wenn auch ohne großen Glanz. Tendenz: In der Hierarchie vor Schweinsteiger, also gesetzt.

Bastian Schweinsteiger: Dankte seine zwei therapeutischen Einwechslungen mit einem Konter-Tor für die Geschichtsbücher (Ukraine) und einer folgenlosen Kreativ-Pause für Khedira (Nordirland). Tendenz: Der Bundestrainer muss noch beweisen, wofür er seinen Kapitän braucht.

Thomas Müller: Note eins für seinen Einsatz, Note sechs für die Chancenauswertung. Sollte die Differenz zwischen WM-Toren (10) und EM-Toren (0) zeitnah verringern. Ganz Deutschland geht davon aus, dass dies bald passiert, Müller selbst sieht das gelassen. Tendenz: Darf so lange spielen, wie ihn seine Füße tragen. Also lange.

Mesut Özil: Das Mysterium im deutschen Fußball. Beherrscht das Versteckspiel auf dem Platz perfekt, sieht seine Leistung aber immer mindestens gut. Der Bundestrainer übrigens auch. Tatsächlich war Özil gegen Nordirland zu sehen — und er war gut. Tendenz: Genießt Vertrauen, sollte es ab sofort rechtfertigen.

Julian Draxler: War in den ersten beiden Spielen nicht schlechter als seine Kollegen aus der Offensive, hat sich beim Bundestrainer aber noch keinen Stein im Brett erarbeitet. Dabei bleibt es. Eine VfL-Wolfsburg-Leistung reicht im Nationalteam nicht. Tendenz: Muss auf Minuten als Einwechselspieler hoffen.

André Schürrle: Top-Joker bei der WM 2014, Ergänzung bei der EM 2016 — trotz identischer Arbeitsplatzbeschreibung. Solide, aber uninspiriert und daher für eine Spezialkraft nicht befriedigend. Tendenz: Teilt das Wolfsburger Schicksal mit Draxler.

Mario Götze: Zweites Mysterium im deutschen Team nach Özil. Versteckt sich zwar nicht so hartnäckig, hat dafür aber immer mal einen Ballverlust im Angebot. Arbeitet und trickst sich hochkarätige Chancen heraus, um sie dann zuverlässig zu vergeben. Tendenz: Bleibt trotzdem drin.

Mario Gomez: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Gegen Nordirland schoss er das erste deutsche Stürmertor bei dieser EM — beim ersten Startelf-Einsatz. Bindet immer zwei Gegenspieler, muss aber noch zeigen, dass er diese ständige Beachtung verdient. Tendenz: Wird weiter gebraucht.