Verbotene TV-Bilder - Russen-Banner kurz eingeblendet
Warschau (dpa) - Ein Flitzer im Stadion oder ein Transparent mit kriegerischer Botschaft - solche Szenen passen nicht in das Bild einer bunten, stimmungsvollen und friedlichen Fußball-Party. Sie sind auch der Europäischen Fußball Union (UEFA) bei der EM in Polen und der Ukraine ein Dorn im Auge.
Der Verband hat eine Produktionsfirma mit der Erstellung des Fernseh-Weltbildes beauftragt und sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, unliebsame Dinge bewusst auszublenden. Die TV-Schere im Kopf funktioniert aber nicht durchgehend.
„Von einer Zensur würde ich nicht sprechen“, warnte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz vor einer vorschnellen Schuldzuweisung. ARD-Kommentator Tom Bartels hatte vor Beginn der Partie Russland - Polen die TV-Zuschauer im Stil eines Radioreporters über ein provokantes Transparent informiert, das russische Fans im Warschauer Stadion über mehrere Ränge entrollt hatten. Doch entgegen seiner Annahme hatte die Weltregie das riesige kriegerische Banner zweimal eingeblendet. Das erklärten die UEFA und die ARD.
„Das Plakat wurde einmal vor und einmal während der Nationalhymnen jeweils kurz gezeigt. Unser Reporter hat das nicht mitbekommen“, erklärte ARD-Sprecher Birand Bingül. Insgesamt zeigten sich ARD und ZDF mit der Arbeit der UEFA-Produktionsfirma sehr zufrieden. „Die Qualität das Bildangebots ist sehr gut“, erklärte Bingül. „Vor allem die Zeitlupen-Studien sind beeindruckend“, ergänzte Gruschwitz.
32 HD-Kameras filmen die EM-Spiele ab. Der technische und logistische Aufwand ist erheblich. Rund 1500 Personen sind im Internationalen Sendezentrum (IBC) in Warschau und in den acht Stadien im Einsatz. Fünf Regisseure, darunter der Deutsche Knut Fleischmann, stellen das internationale Bildmaterial zusammen. Sie bestimmen letztlich, was der TV-Zuschauer sieht und was er nicht sieht.
Denn nicht alles, was im Stadion passiert, wird auch gezeigt. Zu den verbotenen TV-Bildern gehörte bei der EM der Flitzer, der bei der Partie Kroatien - Irland über den Rasen lief und den kroatischen Trainer Slaven Bilic knutschte. Die meisten Menschen sahen das Foto dazu erst am nächsten Tag in der Zeitung.
Die Möglichkeiten von ARD/ZDF, mit ihren zehn eigenen Kameras das Weltbild zu ergänzen, sind begrenzt. Die Kameras sind zumeist für Interviews vorgesehen und müssen an bestimmten Stellen im Stadien aufgebaut werden. Eine freie Positionswahl gibt es nicht. Zudem sind beide Sender nicht bei jedem Spiel mit eigenen Kameras vertreten.
„Wenn wir die journalistische Notwendigkeit sehen und die technische Möglichkeiten haben, zeigen wir auch eigene Bilder“, versicherte Gruschwitz. Er erinnerte an die EM 2008, als das Weltbild die Bengalo-Feuer im Stadion ausblendete. Im ZDF waren dennoch Bilder zu sehen.