Vereinsloser Waliser stiehlt Superstar Bale die Show

Bordeaux (dpa) - Ein vereinsloser Zweitliga-Fußballer stiehlt dem 100-Millionen-Mann bei der walisischen EM-Premiere die Show - doch dem Superstar war das völlig egal. „Dass Hal das Spiel entscheidet, ist unglaublich“, schwärmte Gareth Bale.

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Und er versicherte nach dem 2:1-Sieg gegen die Slowakei durch den eingewechselten Hal Robson-Kanu (81. Minute): „Das ist nicht wichtig, wer die Tore schießt. Hauptsache, wir haben drei Punkte.“ Nicht egal ist Bale hingegen der nächste Gegner, für den er erstaunlich forsche Worte fand.

„Jetzt muss England was zeigen. Wir haben unseren ersten Teil erledigt, jetzt sind sie dran“, sagte Bale. Der bei Real Madrid spielende Superstar bezichtigte den britischen Rivalen der Überheblichkeit und sieht sein Team vor allem durch den größeren Einsatz im Vorteil.

„Es ist wie jedes Derby - du willst niemals gegen den Feind verlieren“, sagte Bale mit Blick auf die Partie in Lens. „Ich denke, dass wir viel mehr Leidenschaft und Stolz haben.“ Die Engländer, die gegen Russland nur zu einem 1:1 kamen, machen „sich groß, bevor sie irgendetwas erreicht haben. Deshalb werden wir da sein und daran glauben, dass wir sie schlagen können.“

Das sind ungewöhnliche scharfe Worte für Bale, der sonst verbal eher zurückhaltend auftritt. Anders als sein Vereinskollege Cristiano Ronaldo gilt Bale nicht als Selbstdarsteller. Trotzdem erinnerte der Waliser zumindest bei seinem fabelhaften Freistoßtor (10.) an den Portugiesen: Er baute sich vor dem Anlauf breitbeinig auf wie Ronaldo, und er schoß auch genauso scharf und flatterig.

Nach dem Ausgleich durch Ondrej Duda (61.) sorgte allerdings nicht der Starspieler für den ersten EM-Sieg, sondern ausgerechnet Robson-Kanu. Was für ein Gegensatz: Ein Spieler auf Vereinsuche, zuletzt beim zweitklassigen FC Reading unter Vertrag, wird der Held des Abends.

Robson-Kanu steht geradezu typisch für die außergewöhnliche Zusammenstellung des walisischen Teams, in dem neben Bale und zwölf Premier-League-Profis auch mehrere unterklassige Kicker spielen. Das Leistungsgefälle ist — ähnlich wie bei den unterlegenen Slowaken mit ihrem starken Marek Hamsik - beträchtlich.

„Das war nicht der beste Abschluss, aber nichtsdestotrotz war es ein Abschluss“, kommentierte der vertragslose Robson-Kanu seinen fast verstolperten Torschuss. „Der Treffer kam zum richtigen Zeitpunkt. Es war klasse, wie er das gemacht hat“, lobte Bale, der sich nach dem Treffer mit der halben Mannschaft auf den Torschützen geworfen hatte.

Die Waliser genossen einen „denkwürdigen Moment“, wie Bale das gelungene Debüt bei der ersten EM-Endrunde nannte. „Ein historischer Augenblick für unser Land“, schwärmte der 26-Jährige, der sich in Bordeaux wieder als echter Teamplayer präsentierte. Auch sein Trainer betont das bei jeder sich bietenden Gelegenheit. „Es geht nicht um Bale, es geht um Wales, und er versteht das“, lobte Chris Coleman nach dem Sieg.

Der Coach sieht sein Team nun gegen die favorisierten Engländer nicht chancenlos. „Wenn wir unser Allerbestes geben, müssen wir uns keine Sorgen machen“, sagte der Coach, trotz der „großen Herausforderung“. Coleman, der Wales zur ersten EM-Qualifikation geführt hatte, betonte: „Wir müssen vor nichts Angst haben. Wir fürchten niemanden.“