Wettskandal und Wirbel um Buffon nerven Azzurri

Rom (dpa) - Genervt vom Wettskandal sehnt Italiens Fußball-Nationalelf den Start der Europameisterschaft herbei. „Wir haben es so satt“, klagte der Chef des italienischen EM-Teams Demetrio Albertini.

Der frustrierte Nationaltrainer Cesare Prandelli schloss sogar einen EM-Verzicht nicht mehr aus.

„Wenn es unserem Fußball helfen würde, dass wir nicht zur Europameisterschaft fahren, dann wäre es kein Problem“, sagte der Coach. Eine Woche vor Beginn der EM in Polen und der Ukraine werden die Azzurri von den Ermittlungsverfahren gegen EM-Spieler Leonardo Bonucci und den ausgemusterten Domenico Criscito abgelenkt. Und jetzt sorgt auch noch die kostspielige Wettleidenschaft des als Zocker bekannten Star-Torhüters Gianluigi Buffon für Wirbel.

Fahnder haben in einem Wettbüro in Parma Schecks des Juve-Stars in Höhe von 1,5 Millionen Euro gefunden. Zwischen Januar und September 2010 seien insgesamt 14 Schecks aufgetaucht. Buffons Anwalt erklärte, dass der Kapitän der Azzurri die Schecks einer Vertrauensperson gegeben habe. Finanz- und Immoblien-Geschäfte sollten dafür in Parma getätigt werden.

Sollte Buffon über einen Strohmann aber doch Wetten abgeschlossen haben, wäre dies immer noch unproblematisch, so lange es keine Wetten auf Fußballspiele in Italien oder internationale Spiele der UEFA und der FIFA waren. Dass Buffon gern wettet, ist längst bekannt. Strafbar ist das nicht. 2006 wurde deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen den Keeper eingeleitet, das aber eingestellt wurde. Buffon räumte damals ein, bis November 2005 zwei Millionen Euro auf alle möglichen legalen Wetten gesetzt zu haben.

Zu den neuen Ermittlungen äußerte sich Buffon nicht. Dass diese angeblichen Wetteinsätze gerade jetzt publik wurden, kritisierte Juve-Präsident Andrea Agnelli als „einzigartig“. Derzeit läuft kein Ermittlungsverfahren gegen Buffon. Cremonas Staatsanwalt Roberto Di Martino betonte zudem, dass er den Nationaltorhüter vor der EM auch nicht als Zeuge im Wettskandal einbestellen werden.

Buffon hatte in der vergangenen Woche für Aufregung gesorgt, als er sagte: „Wenn zwei Mannschaften unentschieden spielen wollen, ist das ihre Sache. Manchmal sagt man: Zwei Verletzte sind besser als ein Toter.“ Buffon betonte in dieser Woche, dass er damit keine Ergebnisabsprachen rechtfertigen wollte. Nationaltrainer Prandelli stellte sich hinter seinen Keeper. „Er ist stark und hat eine großartige Persönlichkeit. Aber auch für ihn ist so eine Situation sehr schwer“, sagte Prandelli.

Für weiteren Ärger im Lager der Azzurri sorgte am Freitag Criscito. Er beschwerte sich über seine Ausmusterung. „Damit bin ich nicht einverstanden. Der Fußballverband hätte abwarten müssen“, sagte der Verteidiger von Zenit St. Petersburg in einem Interview der „Gazzetta dello Sport“. Prandelli hatte Criscito aus dem EM-Kader gestrichen, weil die Staatsanwaltschaft Cremona gegen den Fußballer wegen des Verdachts der Wettmanipulationen ermittelt.

Am Pfingstmontag hatte die Polizei Criscitos Zimmer im Trainingszentrum der Azzurri in Florenz durchsucht. „Ich habe überhaupt nichts mit der Sache zu tun“, verteidigte sich Criscito und klagte: „Jetzt werde ich zum Dreh- und Angelpunkt des Skandals.“ Er sei zwar „erschüttert gewesen“, habe sich aber dennoch in der Lage gefühlt, mit zur EM zu fahren.

Während Prandelli Criscito schnell ausmusterte, hielt er an Leonardo Bonucci fest. Dabei ermittelt die Staatsanwalt auch gegen den Verteidiger von Juventus Turin wegen des Verdachts des Sportbetrugs und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Einen entsprechenden Aktenbeleg veröffentlichte die „Gazzetta“. Der Fußballverband und Prandelli begründen die unterschiedliche Behandlung der beiden Spieler damit, dass Bonucci im Gegensatz zu Criscito keinen offiziellen Ermittlungsbescheid erhalten habe. Dies scheint jedoch nur eine juristische Formalität zu sein.