EM Wie gleich zwei deutsche Schiedsrichter die EM pfeifen

Analyse · Erstmals seit 25 Jahren pfeifen gleich zwei deutsche Schiedsrichter bei einem großen Turnier: der erfahrene Felix Brych und der Debütant Daniel Siebert. Ihre Sache machen sie bislang sehr gut.

Schiedsrichter Felix Brych auf dem Platz.

Foto: dpa/Soeren Stache

Als Felix Brych die Partie zwischen den Niederlanden und der Ukraine (3:2) bei der Europameisterschaft beendet hatte, dürfte er erleichtert gewesen sein. Der erfahrene Schiedsrichter aus München hatte eine sehr gute Leistung gezeigt, beide Teams waren mit ihm zufrieden. Auch in den wenigen kritischen Situationen – etwa nach einer knappen halben Stunde, als die Ukraine nach einem Zweikampf im niederländischen Strafraum einen Elfmeter forderte, aber zu Recht nicht bekam – gab es keine hitzigen Debatten. Das war vor drei Jahren bei der WM in Russland noch ganz anders.

Damals war das Turnier für Brych nach nur einem Einsatz beendet. Im Spiel zwischen Serbien und der Schweiz, das die Eidgenossen mit 2:1 gewannen, hatte der Referee dem Team vom Balkan einen Strafstoß verweigert, obwohl viel für einen Elfmeterpfiff sprach. Der serbische Nationaltrainer forderte deshalb ernsthaft, den Unparteiischen vor das Kriegsverbrechertribunal zu stellen, der Verbandspräsident glaubte an ein Komplott der Fifa. Und der Weltfußballverband ließ einen seiner besten Schiedsrichter lieber außen vor, als ihm angesichts der ungeheuerlichen Angriffe den Rücken zu stärken.

Schiedsrichter Daniel Siebert.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Das nagte an Brych, für den sein souveräner erster Auftritt bei dieser Euro deshalb eine Genugtuung gewesen sein wird. Der Jurist ist inzwischen 45 Jahre alt, das ist die Altersgrenze der FIFA, deshalb dürfte die EM sein letztes großes Turnier sein. Eines, bei dem er es noch einmal allen zeigen kann. Bei der UEFA ist sein Standing besser, 2017 pfiff er das Finale in der Champions League. Der Schiedsrichter-Chef des europäischen Verbandes, Roberto Rosetti, schätzt Brych sehr. Erreicht die deutsche Mannschaft nicht das Endspiel der EM, ist er ein Kandidat für das Finale dieses Wettbewerbs.

Erstmals seit 25 Jahren werden bei einem großen Turnier gleich zwei Schiedsrichter aus Deutschland eingesetzt. Bei der EM 1996 in England pfiffen Hellmut Krug und Bernd Heynemann, nun gehört neben Felix Brych auch Daniel Siebert zu den insgesamt 19 Unparteiischen. Seine Nominierung war eine Überraschung, denn er gehört nicht zur „Elite Group“, der höchsten UEFA-Kategorie bei den Unparteiischen. Dort sind aus Deutschland neben Brych auch Deniz Aytekin, Felix Zwayer und Tobias Stieler eingeordnet, die damit formal eigentlich über Siebert stehen.

Doch offensichtlich traut Schiedsrichter-Chef Rosetti dem 37-Jährigen, dessen Coach bei einem Perspektivturnier er vor Jahren war, mehr zu. Nachdem Siebert zuletzt in der Bundesliga vermehrt mit der Leitung von Spitzenspielen betraut wurde, bedeutet die Euro für ihn nun auch auf internationaler Ebene eine Beförderung. Seine Premiere beim Spiel Schottland – Tschechien verlief tadellos, Siebert war souverän, ließ die Partie gut laufen und kam ohne eine einzige Gelbe Karte aus. Folgerichtig bekommt er ein zweites Spiel: Am Freitag leitet er das Spiel Schweden – Slowakei. Sein Sprung in die „Elite Group“ ist nur noch eine Frage der Zeit.