Nur noch Liga-Existenzkampf - Augsburg „gibt weiter Gas“

Liverpool (dpa) - Die traumhaften Erlebnisse in Europa sind für den FC Augsburg Vergangenheit. Jetzt soll der Alptraum vom Abstieg unbedingt vermieden werden. Jürgen Klopp würdigt den tapferen Außenseiter - und freut sich auf sein erstes Finale mit dem FC Liverpool.

Foto: dpa

Am Tag nach dem emotionalen Ende der Augsburger Europa-Tournee gab Stefan Reuter in einigen tausend Metern Höhe ein Versprechen ab. „Jetzt geben wir weiter Gas, damit wir auch in den nächsten Jahren erstklassig und wieder bei den Großen mit dabei sind“, erklärte der Manager über das Bordmikrofon der Boeing 757 und erntete dafür Beifall im Sonderflieger. Der stimmungsvolle Abend an der Anfield Road bei Jürgen Klopps FC Liverpool hatte trotz des schmerzhaften Ausscheidens Lust auf mehr gemacht. Aber nach einem für den FC Augsburg unvergesslichen Europa-League-Auftritt an der Fußball-Kultstätte war der Fokus gleich nach der Landung am Freitagnachmittag in München ganz auf den Fight um den Klassenverbleib gerichtet.

Trainer Markus Weinzierl und sein Team eilten am Flughafen in den bereitstehenden Mannschaftsbus, Borussia Mönchengladbach als nächster Gegner am Sonntag (15.30 Uhr) lässt keine Zeit zum Verschnaufen. „Wenn wir uns weiter so entwickeln und wenn wir den Abstiegskampf überstehen, dann können wir sicherlich irgendwann wieder angreifen“, erklärte Routinier Tobias Werner mit Blick auf neue Europa-Chancen für das Team um den herausragenden Schlussmann Marwin Hitz, „aber das interessiert mich jetzt nicht. Dieses Jahr will ich unbedingt in der Liga bleiben. Das wird schwierig genug, und am Sonntag geht es da schon weiter.“

Dass dem FC Liverpool am Freitag das Knallerduell Manchester United im Achtelfinale zugelost wurde, dürfte das Aus bei allem Lob für die Augsburger nicht leichter gemacht haben. „Wir nehmen unheimlich viel Stolz mit. Die Mannschaft hat eine super Visitenkarte abgegeben. Daraus ziehen wir sehr viel Selbstvertrauen“, erklärte Weinzierl. Nach dem 0:0 im Hinspiel verpassten die Schwaben beim 0:1 das packende Achtelfinale wegen eines zweifelhaften Handelfmeters von James Milner (5. Minute) denkbar knapp. „Sie können extrem stolz darauf sein, was sie gerissen haben“, lobte auch Klopp den FCA, der insgesamt rund 4 Millionen Euro in der Europa League allein an UEFA-Prämien einnahm.

Nach den Stationen Bilbao, Alkmaar, Belgrad und Liverpool war die Premieren-Tour unter dem Motto „In Europa kennt uns keine Sau“ am Donnerstagabend vorbei. Lange nach Spielschluss feierten die Augsburger Fans noch lautstark ihre Europapokal-Helden, der eine oder andere hatte feuchte Augen. „Ein unglaubliches Erlebnis. Jeder hat gemerkt, wie viel Spaß es in der Euroleague macht“, erzählte Reuter. „Für das Image des Clubs war Europa enorm wertvoll, wir haben einen ganz anderen Bekanntheitsgrad erlangt. Die Mannschaft ist toll aufgetreten.“

Auch in Liverpool, wo ein herausragender Hitz eine vorzeitige Entscheidung mit Glanzparaden en masse verhinderte. „Das muss man erstmal verdauen, weil es nah dran war an der ganz großen Sensation. Europa war sehr speziell von A bis Z. Das wird man sicher nicht so schnell vergessen“, sagte der Schweizer und musste schlucken.

Noch in der Nacht ging es für ihn heim, weil seine Frau das zweite Kind erwartete. „Ich hatte ein klare Abmachung mit meiner Frau, dass ich in Hannover sicher nicht fehlen darf. Aber dass ich auf die Spiele in der Euroleague oder auch gegen Bayern verzichten werde, wenn dann was ist, weil so eine Geburt etwas Wichtiges ist im Leben.“

So teuer sich der FCA beim ruhmreichen FC Liverpool verkaufte, die Partie deckte noch einmal eine große Schwäche auf: Die Offensivkraft. Nur drei Tore glückten den Schwaben in fünf Bundesliga- und zwei Europa-League-Spielen in diesem Jahr. „Du brauchst den Lucky Punch, um das ganz große Drehbuch zu schreiben“, sagte Weinzierl, bei dem auch etwas Wehmut durchklang.

„So ein Los geschenkt zu bekommen war super, für kleine Vereine sind das sensationelle Geschichten. Es wird schwer, das zu toppen.“ Für Weinzierl zählt nur Gladbach, für Klopp der erste Titel: Am Sonntag steht das Ligapokalfinale gegen Manchester City an.