Schalke-Coach Stevens hat sich geöffnet

Gelsenkirchen (dpa) - Eigentlich müsste der FC Schalke 04 Rudi Assauer ewig dankbar sein. Nicht nur, weil der frühere Manager den Fußball-Bundesligisten aus dem Tiefschlaf weckte und ihm später die supermoderne Arena bescherte.

Als Assauer 1996 Trainer Huub Stevens vom niederländischen Erstligisten Roda Kerkrade loseiste, begann mit dem Überraschungs-Coup die erfolgreichste Ära des Vereins in der Nachkriegszeit. Zuvor hatte Schalke seine Titel vor allem in den 30er und Anfang der 40er Jahre mit dem legendären „Kreisel“ gefeiert.

In seiner zweiten Amtszeit scheint Stevens an seine früheren Erfolge nahtlos anzuknüpfen. Sportvorstand Horst Heldt und Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hatten den richtigen Riecher, als sie sich nach Ralf Rangnicks Rückzug an Stevens erinnerten. Längst ist klar: Der knorrige Typ, der fleißige Malocher und der Revierclub - das passt! Die Fans lieben Stevens, wählten ihn zum Schalker „Jahrhunderttrainer“. Und der 58-Jährige zahlt dem Club das in ihn gesetzte Vertrauen zurück. Stevens lebt Schalke. Bei seinen anderen deutschen Stationen in Berlin, Köln und Hamburg kam er nicht annähernd so gut zurecht wie im Kohlenpott. Den einzigen Titel nach seiner Schalke-Zeit gewann er bei RB Salzburg, den Club führte er 2010 zur österreichischen Meisterschaft.

Sicher: Felix Magath landete mit den Verpflichtungen von Spaniens Ikone Raúl und Torjäger Klaas-Jan Huntelaar Volltreffer. Und der ehrgeizige Rangnick begann sehr vielversprechend, ehe ihn ein Erschöpfungssyndrom aus dem Spiel nahm. Dass Schalke danach nicht einbrach, sondern erfolgreich weitermachte und sich als verschworene Gemeinschaft präsentiert, ist aber „sicher der Verdienst von Huub“, betonte Tönnies im dpa-Interview. „Der Trainerwechsel war ja auch eine Belastung für die Mannschaft. Die hat sie gut weggesteckt. Huub hat der Sache intensiv seinen Stempel aufgedrückt“, lobte Tönnies.

Einen Grund für die Symbiose zwischen Coach, Profis und Fans sei, dass sich Stevens „unheimlich geändert“ habe, sagt der Clubchef, der anfangs auch skeptisch war. „Aber ich habe selten gesehen, dass sich jemand, der in der Öffentlichkeit steht und erfolgreich ist, so öffnet. Huub stellt seine eigene Persönlichkeit völlig hinten an und sich enorm in den Dienst der Sache. Es macht richtig Spaß, mit ihm zu arbeiten“, so Tönnies. „Wir wussten, dass Huub nach Schalke passt.“

Einstellungsvoraussetzung waren zwei Dinge, erläuterte Tönnies: „Ich habe ihm vorher genau gesagt, was ich nicht möchte: Huub, wenn ich einen Wunsch habe: Bitte nicht mehr "die Null muss stehen" und setze die Jugend ein! Denn das ist unsere Zukunft.“

Seine Spieler nennt Stevens stets „die Jungens“, er sorgt für gute Laune, kümmert sich um alles und hat auch seine schroffe Art gegenüber Journalisten ein wenig relativiert. Nur noch gelegentlich herrscht Stevens Medienvertreter an, wenn er sich über vermeintlich dumme Fragen oder falsche Einschätzungen ärgert. Den Spielern gegenüber ist er loyal, Einzelkritik oder -Lob gibt es nur intern. „Er findet immer die richtige Ansprache“, lobte Kapitän Benedikt Höwedes.

Und Stevens hält sich an die Tönnies-Vorgabe. Er setzt weiter auf große Talente, lässt Offensiv-Fußball spielen. Die Mischung stimmt. Die 20 Jahre alten Joel Matip und Kyriakos Papadopoulos bilden die jüngste Innenverteidigung der Liga, flankiert von Atsuto Uchida, der am Dienstag 24 wurde, und Christian Fuchs (25). Im Mittelfeld erlebt Abräumer Jermaine Jones (30) eine Renaissance, Lewis Holtby (21) sorgt für die spielerischen Momente. Links wirbelt das 18 Jahre alte „Juwel“ Julian Draxler, während die Stars Jefferson Farfán (27), Raul (34) und Huntelaar (28) für das Toreschießen zuständig sind.

Das läuft so gut, dass Tönnies Stevens gern weiterbeschäftigen möchte. Eile sei aber nicht geboten: „Wir sind hoch zufrieden mit seiner Arbeit, aber wir denken nicht an die Jahre 2014, 2015 und danach. Ich denke, dass Huub noch gute Jahre hat auf Schalke. Was spricht dagegen, dass er bleibt?“