Forderungskatalog der Innenminister - Fan-Kritik
Rostock (dpa) - Mit der Verabschiedung eines Forderungskatalogs an den deutschen Profi-Fußball durch die Innenminister von Bund und Ländern haben sich die Fronten in der Sicherheitsdebatte weiter verhärtet.
Fünf Tage vor der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) erhöhte die Politik noch einmal den Druck und wurde dafür scharf kritisiert. Die Koordinationsstelle Fanprojekte warf der Innenpolitik eine „unnötige Eskalation“ vor. „Die Ansage der Innenminister ist klar: Wir erwarten, dass die Vereine, der Verband und die Liga ihre Beiträge für die Sicherheit in den Stadien deutlich erhöhen“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf der Innenministerkonferenz in Rostock.
Nach Ansicht der KOS würden die Vereine durch den politischen Druck derzeit zu nicht genug durchdachten Maßnahmen getrieben, was dazu beitrage, „die Kluft zu den Zuschauern und Fans weiter zu vertiefen“. Dies würden die bundesweiten Proteste gegen das geplante Sicherheitskonzept verdeutlichen.
Am Mittwoch sollen die 36 Erst- und Zweitligisten über das DFL-Konzeptpapier „Sicheres Stadionerlebnis“ abstimmen. Fußballfans wehren sich gegen die darin enthaltenen verschärften Sicherheitsbestimmungen. Auch einige Vereine haben bereits Bedenken angemeldet.
Die Fußballfan-Organisation „12:12 - Ohne Stimme, keine Stimmung“ sprach sich deutlich gegen die Verabschiedung des Sicherheitskonzepts aus. „Nach Abwägen aller Alternativen und unter Berücksichtigung der positiven Entwicklungen der letzten Wochen“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Freitag, komme man „zu der Überzeugung, dass alle Anträge des Antragspakets 1 abgelehnt werden müssen.“
Die Politik sprach sich dagegen demonstrativ für die DFL-Strategie aus. Auf der Tagung in Rostock verabschiedeten die Innenminister einen Forderungskatalog. Darin verlangen sie eine Aufrüstung der Technik für Videoüberwachungen, die Ächtung der Pyrotechnik und eine Qualifizierung der Ordnungskräfte. Zudem soll es intensivere Einlasskontrollen sowie mehr Geld und einheitliche Standards für Fanprojekte geben.
„Ich finde es nicht lustig, dass einige Vereine noch immer glauben, Gewalt in den Stadien sei eine Erfindung der Politik. Sie ist leider Realität an jedem Wochenende“, sagte Friedrich. Sollten die Vereine nicht ihren Pflichten nachkommen, müssten sie künftig für Polizeieinsätze in den Stadien zahlen. Dies sei aber die „Ultima Ratio“.
Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger (SPD) steht inzwischen jeder dritte Polizeieinsatz im Zusammenhang mit Fußballspielen. „Damit ist auch eine Ressourcenbindung erreicht, die man den Bürgern kaum noch erklären kann“, sagte Jäger. Er mahnte die Vereine, ihre Aufgaben für eine verbesserte Sicherheit wahrzunehmen.
Hamburgs Innensenator Michael Neumann appelliert an die Vereine im deutschen Profi-Fußball, dem neuen Sicherheitskonzept zuzustimmen. „Wir erwarten nichts Unmögliches. Wir erwarten nur, dass man sich an Recht und Gesetz hält“, sagte der SPD-Politiker am Freitag in der TV-Nachrichtensendung „NDR aktuell“. „Wenn man über 600 Millionen Euro jedes Jahr mit den Vermarktungsrechten einnimmt, dann kann man den Menschen nicht mehr erklären, warum die Polizei kostenlos zur Verfügung gestellt werden soll.“
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte, die „Fußballchaoten, die echten Straftäter, zu isolieren, sie dingfest zu machen und dann aus den Stadien herauszuhalten“. Schünemann sieht dabei die Clubs in der Pflicht. Die Minister erneuerten zudem die Forderung an die Vereine, für Fanprojekte von der neuen Spielzeit an mindestens zehn Millionen Euro bereitzustellen.
Dies befürwortete auch die KOS in einem Acht-Punkte-Plan, den sie in einem siebenseitigen Hintergrundpapier veröffentlichte. Zudem regte sie „vertrauensbildende Maßnahmen statt neue Sanktionen“ an und plädierte unter anderem für die Etablierung eines regelmäßigen und strukturierten Dialogs zwischen den Vereinen und allen Gruppierungen seiner Fanszene sowie die Schaffung verbindlicher Anhörungsgremien für Stadionverbote.