Fortuna Düsseldorf Die Freude muss größer sein als die Angst

Sportpsychologe Jürgen Walter weiß, worauf es mental bei Profis ankommt und was die Fortuna-Spieler verinnerlichen müssen.

Foto: Wolff

Düsseldorf. „Erfolg ist kein Zufall. Es ist harte Arbeit, Ausdauer, Lernen, Aufopferung, jedoch vor allem Liebe zu dem, was du tust.“ Pele hat diesen Satz gesagt. Und der dreifache Fußball-Weltmeister aus Brasilien würde wohl auch zustimmend nicken, wenn er das Zitat von Fortuna-Sportdirektor Rachid Azzouzi läse: „Erfolgreicher Fußball lebt von positiven Erlebnissen.“ Davon gibt es für den traditionsreichen Zweitligisten seit langem viel zu wenige. Und das eigentliche Dilemma ist: Niemand weiß, woran es liegt.

Drei Endspiele hat die Mannschaft noch vor sich, um den Verbleib in der Liga zu sichern. Friedhelm Funkel, der vierte Trainer in der aktuellen Spielzeit, bescheinigt allen im Kader, „dass sie richtig gut Fußball spielen können.“ Die Blockade sitzt also ganz offenbar in den Köpfen der Spieler. Fortuna beschäftigt seit 2010 mit Axel Zehle einen so genannten Mentalcoach. Die WZ-Anfrage nach einem Interview lehnt er ab. Begründung: Er habe schon die gesamte Saison nicht über seine Arbeit gesprochen. Sportdirektor Azzouzi dagegen beteiligt sich an der Ursachenforschung und äußert sich offen zu der Verunsicherung der Profis: „Das ist wie ein Karussell im Kopf, das sich ständig dreht. Es fehlt das Zutrauen in die eigene Stärke. Ein erfolgreicher Spieler macht sich keinen Kopf, der schießt einfach.“

Was also brauchen die Fortuna-Spieler im Endspurt, wenn ihre fußballerischen Fähigkeiten angeblich ausreichen? „Sie brauchen Spielfreude, müssen vor allem positiv denken“, sagt Jürgen Walter. Der Düsseldorfer Sportpsychologe will keine unseriöse Ferndiagnose aufstellen, verweist deshalb auf allgemeingültige Abläufe in für Profisportler vergleichbaren Situationen. „Die Freude auf den Erfolg muss größer sein als die Angst vor dem Misserfolg“, sagt Walter. Und zeigt ein im Fußball typisches, psychologisches Phänomen auf: „Spieler denken auch auf dem Platz zu sehr an das, was nicht passieren darf: Ein Fehlpass, ein frühes Gegentor, eine Niederlage“, ergänzt der Psychologe. Und dann setzt sich das angesprochene Karussell im Kopf in Bewegung — ein Teufelskreis. Besser sei es, sich immer nur auf die nächste Aktion zu konzentrieren, damit diese gelingt.

Mit Frank Kramer, Peter Hermann, Marco Kurz und Friedhelm Funkel kommen alle Trainer in dieser Saison übereinstimmend zu den Feststellungen: Im Training läuft es rund, gelingen die Kombinationen und auch die Abschlüsse. Zweiter Punkt: Die Mannschaft wolle den Erfolg, die Einstellung sei also untadelig. „Was offenbar fehlt, ist die Fähigkeit, die mentale Stärke auch im Spiel abzurufen. Meist denken die Spieler zu negativ, dann passieren auch unerklärliche Fehler. Das ist Kopfsache“, erklärt Psychologe Walter. Zwei entscheidende und voneinander abhängige Faktoren fehlen in dieser Saison: Beständigkeit und Zuversicht. Denn nur ein einziges Mal gelangen der Fortuna zwei aufeinanderfolgende Siege, beim 2:1-Sieg gegen den FSV Frankfurt Ende November und eine Woche später beim 1:0-Heimerfolg gegen Eintracht Braunschweig. „Wir sind nicht in den Fluss gekommen, können nicht nachlegen“, stellt Rachid Azzouzi fest.

Die nötige Spielfreude ist nicht möglich ohne Begeisterung. Diese zu vermitteln, ist die Aufgabe des Trainers. Und hierbei gibt sich Friedhelm Funkel alle erdenkliche Mühe, er lobt und lebt das positive Denken vor. Am besten wäre es wohl, wenn die Mannschaft den aktuellen Tabellenplatz und den bedrohlichen Abstiegssog einfach vergessen würde. HSV-Profi Pierre-Michel Lasogga hat am letzten Bundesliga-Spieltag sein Erfolgsrezept verraten: „Das Wichtigste ist, dass man sich den Kopf nicht vollmacht.“ Vielleicht sollte jemand dieses Zitat am Freitag in Duisburg an die Wand der Fortuna-Kabine hängen.