Die Herzenssache Tobias Levels
Die Pfiffe gegen den Verteidiger spalten die Fortuna-Fans. Trainer Mike Büskens spricht von einer „Hexenjagd“.
Düsseldorf. „Mein Herz hat die Form einer Raute“, hat Tobias Levels 2009 einmal gesagt. Aber es ist eben doch nur ein Herz.
Eines auf dem seit Freitag die tonnenschwere Last zweier individueller Fehler liegt, die Fortuna schon nach vier Saisonspielen in eine Krise stürzten.
In Mönchengladbach, wo man Levels zwei Jahre nach dem Rauten-Satz und 110 Bundesliga-Spielen nicht mehr brauchen konnte, dürften sich die wenigsten noch an seine Liebeserklärung an die Borussia erinnern.
In Düsseldorf beim Rivalen Fortuna haben die Fußballfans offenbar ein anderes Gedächtnis.
Trotz 56 Pflichtspiel-Einsätzen mit dem „F95“ auf der Brust, trotz seiner Beteiligung am Aufstieg in die erste Liga: Richtig angekommen ist Levels bei den Fans nie. Das zeigte sich durch ein Raunen von den Rängen, immer wenn Levels in Bedrängnis kam, durch die schnelle Zuneigung, die sein Ersatz Leon Balogun in der vergangenen Saison zuteil wurde und dadurch, dass Fortunas-Verantwortliche sich immer wieder genötigt sahen, Partei für den 26-Jährigen zu ergreifen.
So war es auch nach dem Spiel gegen 1860 München: Der verunglückte Kopfball von Stefan Reisinger, der verlorene Zweikampf gegen Löwen-Angreifer Tomasov, das 1:2 — Levels wäre am liebsten im Rasen verschwunden. Doch er muss die Pfiffe und „Levels raus“- Rufe ertragen.
Während sein Trainer Mike Büskens vor den TV-Kameras von einer „Hexenjagd“ spricht, sitzt Levels auf der Bank und weinte. Der Teil der Fortuna-Fans, die ihm seine Borussia-Vergangenheit übel nehmen, scheint gesiegt zu haben. Levels am Ende?
Doch dann rufen plötzlich tausende Fans seinen Namen. Es werden mehr, sie werden lauter. Es ist wohl weniger die plötzlich entdeckte Liebe zu ihrem Verteidiger, als viel mehr das blanke Entsetzen über das zuvor begangene Mobbing aus den eigenen rot-weißen Reihen und die sichtbaren Folgen. Das geht vielen dann doch zu weit.
Der zuvor Gescholtene läuft noch einmal in die Fankurve, bedankt sich. Die Kollegen Fabian Giefer und Axel Bellinghausen gesellen sich zu ihm, drücken ihn, klatschen den Fans Beifall zurück. Bei Levels fließen die Tränen weiter. „So etwas wie nach dem Spiel habe ich so noch nicht erlebt. Das war wohl der emotionalste Moment meiner Karriere“, sagt er später.
„Wir werden ihn alle unterstützen, da wieder rauszukommen. Wir gewinnen und verlieren zusammen“, sagt Büskens, der nicht daran zweifelt, dass Levels das auch gelingt. Schließlich hat der 26-Jährige auch den unrühmlichen Abschied von „seiner“ Borussia verkraftet.
Der Freitagabend zeigt, dass die allzu persönliche Schelte von den Rängen auch einen erfahrenen Profi nicht kalt lässt. Auch, wenn er beim Fortuna-Stammtisch des Express in der Altstadt einst sagte: „Ich habe schon einmal mein Herz an einen Verein gegeben und bin bitter enttäuscht worden. Diesen Fehler mache ich nicht noch mal.“