Fortuna-Aufsichtsratschef Burchard von Arnim: „Wir brauchen mehr Qualität“
Der Aufsichtsratsvorsitzende spricht über die aktuelle Situation, Ziele und Fanszene.
Düsseldorf. Burchard von Arnim ist der Vierte im Bunde der neuen Entscheidungsträger bei Fortuna Düsseldorf, neben dem Vorstandsvorsitzenden Dirk Kall, Sportvorstand Helmut Schulte und Trainer Lorenz-Günther Köstner.
Der einstimmig gewählte Aufsichtsratsvorsitzende des Fußball-Zweitligisten muss sich nicht großartig in diese Position einfinden, da er bereits seit April 2011 im Kontrollgremium der Fortuna sitzt und alle Abläufe zur Genüge kennt. Wir sprachen mit dem Aufsichtsratsboss.
Herr von Arnim, ein Auftritt des Teams wie beim 1:4 in Fürth kann Ihnen nicht gefallen haben. Wie reagiert man auf eine derartig blutleere Vorstellung?
Burchard von Arnim: Ein solcher Auftritt löst große Sorge aus. Die Art und Weise der Niederlage war schon bedenklich. Ich weiß nicht, woran es liegt. Die Spieler wollen aus den verschiedensten Gründen erfolgreich sein, ein nicht unerheblicher Teil ihres Verdienstes und ihrer Zukunft hängt davon ab. Ich habe den Eindruck, dass die Zusammensetzung unseres Kaders in der laufenden Saison zu Fragen Anlass gibt.
Warum hat das nicht besser funktioniert?
von Arnim: Eine Antwort habe ich darauf nicht. Natürlich müssen Punkte her, um uns gegen den Abstieg abzusichern. Aber heute ist es auch das Spiel selbst. Viele Leute wollen im Stadion Spaß haben, guten Sport sehen. Damit sind wir bislang nicht verwöhnt worden. Wir müssen aufpassen, dass wir sportlich erfolgreich sind. Aber außerdem sollten Sponsoren und Zuschauer nicht sagen, dass wir zwar ein tolles Stadion und eine großartige Atmosphäre haben, aber die Art und Weise wie die Fortuna Fußball spielt, ihnen nicht gefällt.
Das heißt, die Fortuna will jetzt nur noch die Saison einigermaßen zu Ende bringen?
von Arnim: Genau das wollen wir nicht. Denn das würde auf die kommende Saison ausstrahlen, was den Dauerkarten-Absatz, die Entwicklung der TV—Gelder und die Sponsorenaktivitäten angeht. Aber auch die Stimmung im und um den Verein würde das negativ beeinflussen. Wir als Aufsichtsrat erwarten von der sportlichen Leitung eine entsprechende Analyse des Kaders, damit für die kommende Saison die Qualität erhöht wird. Die Situation ist ernst, weil wir die sportliche Talfahrt schon seit März 2013 durchschreiten, seitdem nicht erfolgreich und nicht besonders schön gespielt haben.
Was muss für die kommende Saison passieren?
von Arnim: Für die kommende Saison muss die sportliche Leitung dafür sorgen, dass zusätzliche Qualität in den Kader kommt. Fortuna-Fans sind leidgeprüft, aber letztlich muss der Fußball attraktiver werden. Wir wollen mittelfristig in die Bundesliga, und dann muss man auch ansehnlichen Fußball spielen. Es geht nicht an, dass beispielsweise Fans nach Paderborn nicht mehr mitfahren wollen, weil sie nichts Besonderes erwarten. Wenn man in die Bundesliga schaut, da wird ein attraktiver und schneller Fußball gespielt. Und das muss auch unser Ziel sein. Falls wir das nicht schaffen, werden wir die angestrebte Entwicklung nicht hinbekommen.
Wie kann man diese Lücke denn schließen?
von Arnim: Wir müssen es als Verein schaffen, bereits in der 2. Liga die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Mannschaft Potenzial für die erste Liga hat. Die Spieler müssen also schon in der 2. Liga die Klasse haben, um dann im Falle eines Aufstieges weiter zu wachsen, damit man nicht wieder einen zu großen Schnitt machen muss. Nicht so wie bei unserem Aufstieg vor zwei Jahren. Da war es ja schon erstaunlich, wie gut wir die Hinrunde gespielt haben.
War es also ein verlorenes Jahr in der 2. Liga?
von Arnim: Sicherlich nicht. Der Verein hat sich an vielen Stellen weiterentwickelt und positive Dinge auf den Weg gebracht. Sportlich hatten wir uns natürlich von der Ära Mike Büskens viel mehr versprochen, aber da hat es leider nicht gepasst, wobei Büskens sehr engagiert für Fortuna tätig war.
Was passiert, wenn die Fortuna doch noch absteigen sollte?
von Arnim: Wenn wir über den ,Worst Case’ sprechen, dann enden erst einmal eine ganze Reihe von Verträgen in der Vereinsführung und auch bei den Spielern. Wir haben Ausfälle bei den TV-Geldern. Wir werden dann ein Jahr negative Zahlen in Kauf nehmen müssen, um wieder aufzusteigen. Die Reserven hätten wir für ein Jahr.
Muss die Fortuna das ausgegebene mittelfristigen Ziel Bundesliga auf die lange Bank schieben?
von Arnim: Was heißt denn mittel- und langfristig? Mittelfristig war und ist für uns ein Dreijahres-Zeitraum. Wir werden jetzt nicht den kompletten Kader wieder auswechseln. Da gibt es ja auch ein Budget, an das sich die sportliche Leitung halten muss. Das muss mit großem Augenmaß gemacht werden. Da erwartet der Aufsichtsrat von der sportlichen Leitung eine klare Marschroute. Einige Neuverpflichtungen sind schon zu erwarten — aber mit Sicherheit nicht zehn oder mehr! Wir müssen auch Spieler entwickeln, weil wir keine fertigen Erstliga-Spieler verpflichten können. Eine attraktive Mannschaft müssen wir haben, damit wir die Zuschauerplätze verkaufen können. Das Potenzial ist bei einem Zuschauerschnitt von derzeit 34 000 Zuschauern da.
Muss man dann mehr Geld in die Nachwuchsförderung stecken?
von Arnim: Ein Grund, warum wir Helmut Schulte verpflichtet haben, ist seine Erfahrung im Nachwuchsbereich in St. Pauli und auch auf Schalke. Die Optimierung des Nachwuchsleistungszentrums steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Wir müssen da auch konkurrenzfähig zu den Bundesligisten in unserer Umgebung werden. Da haben wir Nachholbedarf. Als Stadt Düsseldorf haben wir allerdings auch einige Standortvorteile, wenn wir ein adäquates Angebot schaffen.
Wie wichtig ist für Sie die Tatsache, dass Fortuna ein Traditionsverein ist?
von Arnim: Ich bin Traditionalist. So, wie wir uns jetzt im Stadion präsentieren, reicht mir das. Wenn wir jetzt auch noch jeden Einwurf ansagen oder das Maskottchen allen auf die Schulter klopft, ist das schon zu viel. Da optimiert man an der Grenze und verschreckt viele.
Wie sehen Sie den Riss in der Fanszene?
von Arnim: Das ist alarmierend, wenn ich sehe, was in Frankfurt passiert. Das Stadion muss ein gewaltfreier Raum sein. Alle extremen Dinge sind nicht zu tolerieren. Das Thema wird natürlich analysiert. Das darf sich nicht wiederholen. Das politische Thema wird jetzt im aktuellen Fall von den Streitigkeiten in Frankfurt zu hoch gespielt.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen dem neuen Vorstand und dem Aufsichtsrat?
von Arnim: Die Entscheidung, einen bezahlten Vorstandsvorsitzenden zu etablieren, war richtig. Der Verein ist gewachsen, und die Aufgaben sind so vielfältig, dass sie von Ehrenamtlern nicht mehr zu stemmen sind. Und im Vorstand sind jetzt Leute, die es gewohnt sind, mit einem Aufsichtsrat zusammenzuarbeiten und das funktioniert sehr gut.