Thioune über den Innenverteidiger Dieses Sonderlob verteilt der Fortuna-Trainer an Tim Oberdorf
Düsseldorf · Es war bislang keine leichte Saison für Tim Oberdorf. Sie begann mit Pfeifferschem Drüsenfieber und setzte sich mit weiteren Rückschlägen fort. Gegen den HSV stand der flexibel einsetzbare Defensivspieler in der Startelf – und überzeugte.
Seit er im relativ hohen Fußballalter den Sprung aus Fortunas U23 in die erste Mannschaft geschafft hatte, ging es für Tim Oberdorf meist bergauf. Der Selfmade-Profi spielte stets zuverlässig, wurde zur anerkannten Größe und vielseitigen Stammkraft. Doch in der aktuellen Saison war bislang der Wurm drin für den 27-Jährigen. Sie begann bereits mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber und einer längeren Pause, weitere Rückschläge folgten.
Am vergangenen Freitag stand Oberdorf beim 2:0-Sieg gegen den Hamburger SV endlich einmal wieder von Beginn an auf dem Feld. Zum ersten Mal seit dem 21. Januar und dem 2:2 bei Hertha BSC, denn danach war gleich wieder die nächste Pause fällig gewesen; wegen eines Muskelfaserrisses im Adduktorenbereich. Doch der gebürtige Hagener stand nicht einfach nur auf dem Platz: Er lieferte gegen die Hanseaten eine bärenstarke Vorstellung ab.
Das befand auch sein Trainer. „Es war defensiv eine Topleistung der Mannschaft. Von Nico Gavory zum Beispiel, der Bakery Jatta und später Laszlo Benes überhaupt nichts zugestanden hat“, erklärt Daniel Thioune.
„Aber wenn ich Nico anspreche, dann muss ich auch Tim Oberdorf hervorheben. Das war einfach super, was er gespielt hat. Großes Lob, eine sensationelle Leistung nach den schwierigen Wochen, die er hatte. Es war genau das, was ich mir gewünscht habe. Tim hat Verantwortung übernommen, die Führung übernommen, eine souveräne Partie. Beim 2:2 in Hannover hatte er keine guten Minuten, da freut mich seine Topvorstellung gegen den HSV umso mehr.“
Die Voraussetzungen waren nämlich keinesfalls optimal. Nach den Verletzungen von Jordy de Wijs und Andre Hoffmann stand Thioune im Grunde nur noch die Kombination Oberdorf/Joshua Quarshie zur Verfügung, da Jamil Siebert langsam herangeführt werden sollte. Und diese beiden hatten noch keine komplette Partie miteinander bestritten. „Wir sind megahappy über dieses Spiel und wie es gelaufen ist“, sagt Oberdorf deshalb erleichtert. „Es hat sich sehr gut angefühlt hier im vollen Stadion, vor allem, als es dann richtig dunkel wurde unter Flutlicht.“
Dunkel wurde es dann aber auch noch personell, als sich Quarshie verletzte. Siebert musste also doch ran – und Oberdorf erhielt einen neuen Partner, wechselte in der Zentrale von der rechten auf die linke Seite. Ein Problem? „Jamil war in dem Spiel neu, aber so neu ist er ja insgesamt nicht“, kommentiert der 27-Jährige lachend. „Wir verstehen uns untereinander alle sehr gut, zudem haben Jamil und ich schon ein paar Spiele nebeneinander gemacht. Es ist schon unser Vorteil, dass wir auf der Position ein paar Jungs haben, die schnell zueinanderfinden.“
Wie gegen den HSV eben, der irgendwie nie ein Mittel fand gegen die gefestigte Fortuna-Deckung. Ob es eine taktische Meisterleistung gewesen sei, wird Oberdorf gefragt. „Auf dem Platz hat es sich jedenfalls so angefühlt“, antwortet er lachend. „Wie gut es wirklich war, werden wir uns dann später anhören. Gegen den HSV ist es ja klar, dass man viel wegverteidigen, viel aushalten muss. Aber an wirklich klare Chancen auf Hamburger Seite kann ich mich jetzt nicht erinnern.“ Kein Wunder – es gab ja auch keine.
„Der HSV ist eine der besten Mannschaften der Liga, gerade in der Abteilung Attacke. Deshalb macht es mich schon ein wenig stolz, dass so wenig auf unser Tor geflogen ist“, gibt er noch zu. „Wir haben das einfach als Team sehr gut verteidigt.“ Als Team – logisch, denn Tim Oberdorf war noch nie einer, der sich selbst gern in den Mittelpunkt stellt.
Und so spricht er dann auch in seiner weiteren Analyse des ersten Fortuna-Siegs gegen einen der „Großen“ der Liga seit langer Zeit nur über die Mannschaft und nicht über seinen eigenen Beitrag. „Es war wichtig, dass wir es nach dem Platzverweis gegen die Hamburger nicht zu wild haben werden lassen. Wir waren sehr gut sortiert, und es war richtig, das so beizubehalten“, betont er. „Dennoch hat es uns in die Karten gespielt, dass sie nur noch zu zehnt waren. Natürlich hätte ich mich gefreut, wenn die Jungs vorne sich noch mit einem Tor belohnt hätten, aber wichtiger war es heute, gegen eine so starke Mannschaft hinten die Null zu halten.“
Ein Blick in die Zukunft muss aber doch noch sein. Drei verletzte Innenverteidiger, der vierte in Siebert gerade erst zurück – fürchtet Oberdorf angesichts dieser schwarzen Serie nicht um seine eigene Gesundheit? Nun, abergläubisch ist er offensichtlich nicht. „Ich hatte es ja schon Anfang des Jahres, deshalb bin ich jetzt durch“, sagt er grinsend. Es wäre ihm und Fortuna zu wünschen.