Fortuna-Krise: Klartext von Kall
Der Chef des Aufsichtsrats von Fortuna Düsseldorf ruft zur Geschlossenheit im Verein auf.
Nach dem Sieg über Sandhausen ist bei Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf wieder etwas Ruhe eingekehrt. Im Interview bezieht Aufsichtsratschef Dirk Kall (46) Stellung zum Krisenmanagement und den Herausforderungen der Zukunft.
Herr Kall, wie erklären Sie sich das chaotische Bild, das Fortunas Führung nach dem 0:1 in Aalen abgegeben hat?
Dirk Kall: Wir haben uns nach außen nicht gut präsentiert. Ich weise Indiskretionen, egal von wem, unmissverständlich zurück und habe das auch in den Gremien deutlich gemacht. Wir haben am Ende eine einstimmige und richtige Entscheidung getroffen. Aber der Weg dahin war nicht gut.
Warum hat die Vereinsspitze nicht mit einer starken Stimme gesprochen?
Kall: Im Moment kommt viel zusammen: die sportliche Situation und die personelle Situation in der Vorstandsbesetzung. Wir sind in einer Umbruchphase, auch wenn das keine Entschuldigung sein soll. Aber da ist Krisenmanagement auch deutlich schwieriger.
Es schien, als gebe es viele Meinungen zur Zukunft der Fortuna.
Kall: Ich kann nur zur Geschlossenheit aufrufen, in den Gremien und bei allen Mitarbeitern sowie im Umfeld des Vereins. Wir müssen nach innen in Meinungsbildung und -äußerung deutlich geschlossener sein und dieses Bild dann auch so nach außen tragen. Das müssen wir lernen. Wir sind nicht immer einer Meinung, das muss auch gar nicht sein. Wir hatten in der Vergangenheit zwar nur selten konträre Ansichten, aber wenn, dann haben wir in Vorstand und Aufsichtsrat schnell zusammengefunden und uns auf die für den Verein beste Lösung verständigt.
Welche Lehren ziehen Sie aus dieser Krise?
Kall: Es kann nicht sein, dass Einzelne, wer auch immer, irgendwelche Informationen, Meinungen oder Thesen nach außen geben. Dieses Verhalten ist gegenüber dem Verein Fortuna und insbesondere gegenüber den betroffenen Menschen, die für Fortuna alles geben, unwürdig. Wir haben letzten Dienstag gesagt: Das darf so nicht mehr vorkommen, auch wenn wir in einer sehr medialen Welt leben.
Nach öffentlicher und interner Diskussion fiel die Entscheidung schließlich für Trainer Mike Büskens. Fortuna hätte sich viel Ärger ersparen können.
Kall: Es muss so sein, dass alle Amtsträger im Verein die Situation besonnen analysieren und sich gemeinsam eine Meinung bilden. Nicht in umgekehrter Reihenfolge. Das ist das, was ich auch sehr an Mike Büskens schätze: Er sagt, wir müssen hier geschlossener auftreten. Das gilt nicht nur für die Mannschaft, sondern insbesondere für die Gremien des Vereins. Das haben wir mit Aufsichtsrat und Vorstand deutlich angesprochen, und das nehmen wir positiv mit aus der Krise.
Bei der Krisensitzung waren aber nicht alle anwesend. Haben Sie auch mit Finanzvorstand Paul Jäger gesprochen?
Kall: Ja, selbstverständlich. Paul Jäger ist und bleibt ein sehr wichtiger Bestandteil des Vorstands. Wir haben mit allen gesprochen.
Es hieß immer, der Wiederaufstieg sei das Ziel eines Zwei-Jahres-Projekts. Warum so früh schon Panik?
Kall: Wir haben uns das bei der Bewertung der sportlichen Situation auch noch einmal vor Augen geführt, dass wir nicht den Fehler machen dürfen, nach drei Monaten schon zu erwarten, was wir eigentlich erst am Ende des zweiten Jahres erreichen wollen. Das Bekenntnis zu Trainer Mike Büskens ist daher auch nicht an ein Ultimatum oder irgendein Zeitlimit gekoppelt. Die Entscheidung steht sehr fest.
Wird es in der Winterpause bei den Profis eine Art Neuanfang geben?
Kall: Ab dem 1. Januar ist Helmut Schulte hauptverantwortlich für die Kaderplanung. Er wird mit Wolf Werner und Mike Büskens die Situation bewerten und Entscheidungen treffen. Von Seiten des Aufsichtsrates gibt es da keine Vorgaben.
Das Umfeld scheint aber schnelle Erfolge zu erwarten?
Kall: Wir sind in Düsseldorf. Große Stadt, tolles Stadion und eine tolle Mannschaft. Wir sind Schritt für Schritt über mehrere Jahre aus unteren Ligen zurück in die Bundesliga aufgestiegen. Nach der Hinserie in der ersten Liga kann ich keinem Fan verübeln, dass er hohe Erwartungen hat. Vielleicht gab es diesen Automatismus in den Köpfen Einzelner — und da schließe ich Entscheidungsträger des Vereins nicht aus: Wir sind unglücklich abgestiegen, haben danach mit Mike Büskens den Wunschtrainer bekommen und dann einfach zu viel erwartet. Man hat vielleicht verkannt, dass es sportlich seit Beginn der Rückrunde eine längere Abwärtsentwicklung gab.
Sind die Spieler noch nicht in der zweiten Liga angekommen?
Kall: Die Spieler sind keine Maschinen. Die haben ein halbes Jahr lang viele Spiele verloren und sind am Boden zerstört abgestiegen. Die stehen auch nicht einfach auf und steigen dann automatisch wieder auf. Ich denke, da ist so eine Phase sehr heilsam, dass man im Fußball eben nicht automatisch solch hohe Erwartungen haben darf.
Dabei sind es „nur“ sieben Punkte bis zum Aufstiegs-Relegationsplatz.
Kall: Mannschaft, Verein und Umfeld müssen realisieren, dass man in der zweiten Liga ankommen muss, und dass es gewisse Dinge braucht, um wieder nach oben zu kommen. Insbesondere eben Geschlossenheit. Ich bin überzeugt, dass wir es Schritt für Schritt wieder in die erste Liga schaffen. Aber ich warne davor, nach den nächsten zwei Siegen wieder die Erwartungshaltung hochzuschrauben.
Das Amt des Vorstandsvorsitzenden wird im Winter vakant. Wann fällt da eine Entscheidung?
Kall: Das ist ein entscheidender, zukunftsweisender Prozess für Fortuna. Wir werden das sehr zügig, aber besonnen besprechen und keine Wasserstandsmeldungen abgeben. Es geht nicht um einzelne Namen, sondern um den Verein. Für Anfang Dezember ist eine Aufsichtsratssitzung mit dem Ziel terminiert, einen großen Schritt in der Entscheidung um die zukünftige Vorstandsstruktur und -besetzung weiterzukommen.
Paul Jäger gilt bislang als heißester Kandidat für die Nachfolge von Peter Frymuth.
Kall: Die personelle Kontinuität des Vereins war in den vergangenen Jahren einer der Bausteine für den Erfolg. Das Vorstandsteam, das wir jetzt benennen, soll die Fortuna mit der gleichen Kontinuität wieder nach vorne bringen.
Manche wünschen sich Dirk Kall als Fortuna-Präsidenten. Doch es war zu lesen, Sie stünden nicht zur Verfügung. Wie sieht es denn nun aus?
Kall: Ich bitte zu respektieren, dass ich auch zu meiner Person kein weiteres Statement abgeben möchte.