Fortunas Tah ist einfach ein netter Typ

Für einen 18-Jährigen beweist der Innenverteidiger der Fortuna überraschend große Klasse. Auf und neben dem Platz.

Jonathan Tah möchte „irgendwann einmal für die deutsche A-Nationalmannschaft auflaufen".

Foto: Christof Wolff

Düsseldorf. Jonathan Tah ist 18 Jahre alt. Dieser Tatsache sollte sich jeder immer wieder bewusst sein beim Nachdenken über den Fußballprofi, beim Beobachten und Bewerten seiner Einsätze für Fortuna Düsseldorf. Allein, es fällt im direkten Gespräch immer wieder schwer, daran zu glauben, dass dieser junge Mann wirklich gerade erst „volljährig“ geworden sein soll. Mit seinen 1,92 Meter Körpergröße und seinen athletischen 90 Kilo strahlt Tah auf dem Rasen eine beeindruckende Präsenz aus, läuft Bälle souverän ab, beweist Auge für Situationen und Mitspieler.

Geadelt wird er von Mannschaftskapitän Adam Bodzek, den er in der Innenverteidigung zuletzt gleichwertig ersetzte: „Es ist nicht alltäglich, dass ein Spieler in dem Alter so eine Qualität hat, wie er sie aktuell unter Beweis stellt in der 2. Liga.“

Aber es ist nicht nur das: In Interviewfragen nach den Spielen ruht er beinahe in sich selbst, analysiert mit brummig-erwachsener Stimme auch schwächere Leistungen mit ebenso viel Überblick und eigenem Engagement, wie er es zuvor meist auf dem Platz bewiesen hat. Jonathan Tah ist der Typ, dem man seine Freundin anvertrauen würde, damit er sie nachts nach einer Party sicher nach Hause bringt.

Aber es stimmt eben auch mit den 18 Jahren. Geboren wurde Jonathan Tah am 11. Februar 1996 in Hamburg. Das steht auf seinem Personalausweis und seiner Spielerlaubnis für Fortuna Düsseldorf. Letztere ist gültig bis zum Ende dieser Saison, dann endet das Ausleihgeschäft mit dem Hamburger SV zunächst.

Fortuna-Manager Helmut Schulte hatte kürzlich schon achselzuckend bekannt, dass dieses Geschäft eben so angelegt gewesen sei und man ihn ziehen lassen werde. Wobei das Vertragsende nicht unwiderruflich wäre: Jonathan Tah hat beim HSV einen Vertrag bis 2018, könnte also noch weitere zwei Jahre ausgeliehen werden — nur im letzten Vertragsjahr ist das nicht möglich.

Allerdings beißt sich die Fortunakatze da (wieder einmal) selbst in den Schwanz: Liefert Tah weiterhin diese Topleistungen ab wie die ebenfalls ausgeliehenen Martin Harnik oder Bamba Anderson vor einigen Jahren, nutzt das der Fortuna in dieser Saison. Der ausleihende HSV wird auf so einen Akteur in nächster Zukunft kaum verzichten wollen.

Aber Jonathan Tah hat auch für seine aktuelle Wahlheimat einiges übrig, wohnt mittlerweile in einer eigenen Wohnung: „Ich habe nicht lange gebraucht, um mich hier einzuleben.“ Hamburg und Düsseldorf seien „wunderschöne Städte, die sogar durchaus miteinander zu vergleichen sind: In beiden Städten gibt es viele Angebote, etwas zu unternehmen oder auch zu entspannen“. Das hilft ihm womöglich, seine Leistung auf dem Platz zu bringen.

Mannschaftskollege Michael Liendl führt auch noch das passende Team als Wohlfühlfaktor für einen 18-Jährigen an, der weit weg ist von daheim: „Wir sind eine gute Truppe, wo sich jeder recht schnell einfinden kann. Für junge Spieler ist das sicher noch wichtiger als für ältere.“ Natürlich hält Jonathan Tah regelmäßig den Kontakt zu seinen Eltern und Freunden in der Heimat, die ihn entsprechend begleiten. „Wenn wir uns mal länger nicht sehen können, telefonieren wir miteinander.“

Über seine aktuelle Situation vielleicht, den nächsten Gegner oder über seine Träume. Wobei sein größter Traum nicht überrascht: „Irgendwann einmal für die deutsche A-Nationalmannschaft auflaufen.“ Aber im nächsten Satz beweist Tah wieder diese für einen 18-Jährigen so ungewöhnliche Abgeklärtheit: „Ich weiß selber, dass das noch ein langer Weg ist und ich bis dahin noch eine Menge lernen muss. Dafür werde ich weiterhin hart arbeiten.“

Dass er am Montag wieder in einem Pflichtspiel für seinen Arbeitgeber weitermachen kann, davon kann trotz Bodzeks Genesung ausgegangen werden. Nur rechnen mag Jonathan Tah nicht mit einem Startelf-Platz — ganz der nette Junge von nebenan: „Ich gebe in jeder Trainingseinheit alles, um beim Spiel auch in der Startelf zu stehen. Wer dann schließlich von Beginn an auflaufen darf, entscheidet der Trainer.“

Kollege und Konkurrent Adam Bodzek jedenfalls sagt Jonathan Tah eine gute Karriere voraus, „wenn er weiter an sich arbeitet und vom Typ her so bleibt, wie er ist. Aber er hat noch nichts erreicht, auch wenn er zuletzt richtig gut gespielt hat“. Vielleicht sagt der elf Jahre ältere Bodzek diesen Satz, weil er sich auch immer wieder vor Augen führen muss, dass Jonathan Tah gerade erst 18 Jahre jung ist.