Kolumne: Adios — kein Lagerkoller mehr in der Geisterstadt
Es war Zeit, die Stätte des Trainingslagers zu verlassen
La Manga. Letzter Tag für mich in der Geisterstadt. Noch einmal lacht die Sonne über Mar de Cristal. Während die Fortuna-Kicker es beim vorletzten Training mit Fünf-gegen-Zwei einigermaßen locker und lustig angehen lassen, ist mir das Lächeln vergangen. Dieser Ort mit seinen leeren Straßen, bellenden Hunden und verlassenen Häusern, macht mir zu schaffen. Nicht, dass ich abergläubisch wäre, aber es fing schon am ersten Tag an: Ich hatte meinen Mietwagen gerade am Trainingsgelände geparkt, da knallte Aristide Bancé einen Ball gegen einen Mast des Fangzauns hinter dem Tor. Der Fußball schoss in den Himmel und kam erst nach einer gefühlten Ewigkeit herunter — auf meiner Windschutzscheibe. Mit Puls 200 und einer Überdosis Adrenalin stieg ich aus und hatte ja keine Ahnung, was dieser Ort noch mit mir vorhatte, dass dieser Ball vielleicht ein böses Omen war.
Ein paar Tage war Ruhe. Alltag stellte sich ein. In so einem Trainingslager sind beinahe alle Tage gleich. Und natürlich beschäftigt man sich jeden Tag etliche Stunden mit der Fortuna. Abends ging es vom Trainingsplatz oder aus dem Mannschaftshotel zurück in unsere Geisterstadt. Als ich am vergangenen Freitag in die Straße einbog, in der unsere Unterkunft lag, hatte ich plötzlich das Gefühl nach Hause zu kommen. Ich weiß, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Aber nach ein paar Tagen dieses Gefühl zu haben, machte mir ein wenig Sorgen. Es war, als streckte dieser einsame Ort mit verheißungsvollem Namen seine sonnengegerbten Finger nach mir aus: Mar de Cristal wollte Besitz von mir nehmen. Nur Mar de Cristal? Nein, auch die Fortuna. In der Nacht zum Montag schreckte ich plötzlich schweißgebadet auf. Ich brauchte einige Sekunden, um mir klarzuwerden, wo ich war, und was ich geträumt hatte: Ich war im Traum auf dem Weg in die WZ-Redaktion an der Düsseldorfer Königsallee, als mir auffiel, dass ich eigentlich in diesem Moment beim Interview mit Fortuna-Trainer Köstner sitzen sollte.
Schweiß schoss aus meinen Poren. Was sollte ich denn nun schreiben? Und als ich gerade festgestellt hatte, dass ich versehentlich einen Tag zu früh abgereist war, wachte ich auf. Ich erzählte die Geschichte unserem Fotografen Christof Wolff. Als der mir berichtete, dass er in eben jener Nacht geträumt hatte, wie er verzweifelt versucht hatte, nicht vorhandenen Bauschutt an Sascha Rösler zu verkaufen, war mir klar: Es ist Zeit abzureisen. Wir hatten definitiv einen Lagerkoller.