Herr Pfannenstiel, bereuen Sie einen Schritt, den Sie in Ihrer wechselvollen Karriere gemacht haben?
Interview Teil 2 „Eine langfristige Planung ist meine große Vision“
Düsseldorf · Lutz Pfannenstiel erklärt seine Arbeitsweise in Düsseldorf und dass er vom Erfolg besessen ist. Aber Erfolg ist für Fortuna etwas anderes als für einen Topklub. Der Sportvorstand sagt zudem, dass er sich nicht verstellt und kein Hütchenspieler sei.
In unserem zweiten Teil des Interviews mit dem Sportvorstand von Fortuna Düsseldorf berichtet Lutz Pfannenstiel auch über seinen Arbeitsstil und die Chancen, die er durch seine internationalen Erfahrungen im Profigeschäft nutzen kann.
Lutz Pfannenstiel: Nein, eigentlich bereue ich nichts. In den Wechselzeiten hatte ich immer mehrere Angebote und habe mich öfters für das Ungewöhnliche entschieden. Ich konnte mich einmal zwischen Steaua Bukarest, Vlaznia Shkodra aus Albanien und Ipswich Town entscheiden. Ich habe mich für Albanien entschieden. Das war der schlechteste Vertrag, trotzdem wollte ich das machen. Ich habe mich oft gegen die Vernunft und gegen das Portmonee entschieden. Genau diese Zeiten in den etwas exotischeren Ligen auf allen Kontinenten haben meinem Netzwerk sehr geholfen, weil ich die Kulturen besser einschätzen kann. Das war für mich im Nachhinein die beste Schule für meine jetzigen Tätigkeiten. Obwohl ich zwischendurch natürlich auch öfter einmal darüber nachgedacht habe: wärst du doch zu Bayern München gegangen. Aber dort wäre ich wahrscheinlich nie die Nummer 1 geworden. Dann hätte ich irgendwann mal in der 2. Bundesliga gehalten, später in der 3. Liga und irgendwann mal Trainer. Es wäre eine ganz normale Karriere geworden. Aber das war es nicht, was ich wollte.
Wie helfen Ihnen diese internationalen Erfahrungen:
Pfannenstiel: Man lernt, die Menschen besser einzuschätzen, weiß, wie man sich verhalten sollte. Ich kann, weil ich in den USA gespielt habe, zum Beispiel Zack Steffen besser einschätzen, als jemand, der einmal in Las Vegas war und dort geheiratet hat.
Einige Menschen unterschätzen Sie. Stört Sie das?
Pfannenstiel: Damit habe ich kein Problem. Ich fühle mich in der Rolle des Unterschätzten sogar sehr wohl. Da kommen dann meine Biographie und mein Dialekt dazu. Je öfter man mich unterschätzt, desto besser ist es für die Fortuna. Ich muss mehr in Zeit und in Ideen investieren, um das zu erreichen, was Manager von Top-Klubs aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten leichter schaffen.
Führen für Sie Umwege manchmal schneller zum Ziel?
Pfannenstiel: Weltoffenheit, Kreativität und Innovations-Bereitschaft bedeuten mir sehr viel, ebenso die Arbeit im Team. Der sehr gute Austausch mit Friedhelm Funkel trägt zu unserem Erfolg bei. Das ist mir sehr wichtig. Ich bin ein umtriebiger Geist und bin sehr offen. Ich bin kein Hütchenspieler. Ich lege keine falschen Fährten, um morgen etwas anderes zu sagen. Das ist mir zu einfältig, ich bin durch meine Erziehung ungeeignet, irgendwelche Spielchen zu spielen. Man muss sich optimieren und weiterentwickeln. Ich habe keine Lust darauf, irgendeine Rolle zu spielen. Das wird Dich irgendwann im Leben wieder einholen. Meine Hauptaufgabe ist der Sport, und darauf liegt der Fokus.
Wie läuft die Auswahl der neuen Spieler ab?
Pfannenstiel: Die Spieler müssen zu uns passen. Wir haben eine Mannschaft ohne Stars und sind ein gewachsenes Kollektiv. Wir sind ein Team. Das geht bei den Trainern los, über die älteren Spieler zu den Jüngsten. Niemand stellt sich über das Team. Die neuen Spieler müssen sich fußballerisch und charakterlich dieser Gemeinschaft anpassen.
Wie lernt man einen so Spieler so gut kennen?
Pfannenstiel: Das ist relativ einfach. Qualität haben viele Spieler. Ich muss mir aber sicher sein, dass der Trainer auch und besonders charakterlich einwandfreie Spieler bekommt. Deshalb ist die Hintergrundarbeit ein sehr großer Teil der Spieleranalyse. Beim Besuch von Zack Steffen in Washington habe ich nicht nur ein Spiel gesehen, sondern Mutter, Vater, Schwester, Vereinstrainer, Nationalcoach und Torwarttrainer gefragt, was für ein Mensch hinter dem Spieler Zack Steffen steckt. Ähnlich war es bei Lewis Baker. Ich musste viel Arbeit investieren, um zu wissen, was Baker für ein Typ ist. Ich weiß, was er gerne isst, welches Auto er fährt, wie er sich im Verein präsentiert und so weiter. Bei Kazim Adams habe ich die Arbeit ein Jahr vorher gemacht. So können wir das Risiko minimieren, dass wir menschlich Probleme im Kader bekommen. Ob sich die Neuen dann sportlich durchsetzen, ist eine andere Frage. Unser Faustpfand ist, dass wir Persönlichkeiten wie Adam Bodzek oder Oliver Fink haben, die Spieler, die vom Weg abkommen, rechtzeitig wieder einfangen. Beide wissen, wie sie mit solchen Spielern umgehen müssen. Wir haben eine demütige Mannschaft, die bodenständig ist.
Wie wichtig ist für Sie der Erfolg?
Pfannenstiel: Wir alle werden natürlich am Erfolg gemessen. Persönlicher Erfolg ist sekundär. Der Erfolg der Mannschaft muss über allem stehen. Wenn wir unser Saisonziel erreichen, haben wir alle erfolgreich gearbeitet. Wobei Erfolg unterschiedlich gefasst werden muss. Für uns ist es zum Beispiel ein Erfolg, 15. in der Tabelle zu werden oder einen Dawid Kownacki nach Düsseldorf zu holen. Nach dem Frankfurt-Spiel war ich einfach nur traurig, dass sich die Mannschaft nicht für ihr gutes Spiel belohnt hat. Letztlich geht es aber nicht um mich. Die Fortuna muss den Weg und die Entwicklung weitergehen — ganz unabhängig von Personen. Nur so kann man langfristig erfolgreich arbeiten. Das ist meine ganz große Vision.