Talentsuche sorgt für Wirbel PSG in Düsseldorf: Das Geschäft mit den Träumen
Düsseldorf · Französischer Spitzenklub mietet sich beim DSV 04 ein, bietet Camps an und will in die Jugendligen. Es gibt Kritik, doch in Lierenfeld sehen sie „nur Vorteile“.
Das Video auf der neuen Homepage dauert ganze 46 Sekunden. Aber die reichen, um Kinder und deren Eltern von der großen Fußballkarriere träumen zu lassen. Zu sehen sind schicke Bilder aus NRW, Düsseldorf ist mit Medienhafen und Altstadt vertreten, Köln mit dem Dom. Dazu sind die Stars von Paris Saint-Germain zu sehen. Neymar, Cavani, Mbappe, Trainer Tuchel. Später auch Mädchen und Jungen beim Training, allesamt gekleidet in den Farben des französischen Meisters. Die Botschaft ist klar: Wir kommen zu euch! PSG sucht nun auch in Deutschland nach Talenten.
Seit einigen Tage sind Homepage und Video nun online. Und haben hohe Wellen geschlagen. Weil sich der Spitzenklub dauerhaft in Deutschland niederlassen will, genauer gesagt die „Paris Saint-Germain Academy Germany”, noch genauer: die formal unabhängige „Football Academy Düsseldorf GmbH”. In Düsseldorf (DSV 04) und Oberhausen (Adler Osterfeld) hat sich die Fußballschule eingemietet. Bald soll es bundesweit 19 Stützpunkte geben, die Lehrgänge für Sechs- bis 16-Jährige anbieten, aber auch feste Mannschaften stellen. Neu ist die Idee nicht, seit 2005 gibt es die PSG-Akademie, die mittlerweile in 16 Ländern auf fünf Kontinenten nach Talenten sucht.
So machen das Spitzenklubs, auch die deutschen haben ein weltweites Netz an Talentspähern, Spieler mit afrikanischen, arabischen oder südamerikanischen Wurzeln gibt es in den U-Mannschaften hiesiger Topvereine zuhauf. Dennoch ist die Aufregung groß: „Tuchel will unsere Talente klauen“, empört sich die „Bildzeitung“ und zitiert Jörg Schmadtke vom VfL Wolfsburg: „Man muss schauen, dass jetzt nicht die ganz großen Klubs die großen Talente weggreifen können. Es ist eine gewisse Gefahr.“
Ranisav Jovanovic sieht keinen Unterschied zu deutschen Klubs
Ranisav Jovanovic kann darüber nur „schmunzeln“, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte, „schließlich laufen überall Scouts von anderen Klubs herum“. Jovanovic ist ehemaliger Fortuna-Profi und Trainer des SC West, der jüngst aus der Oberliga abstieg, nun firmiert er bei der „Football Academy Düsseldorf” als Sprecher. „Im Vordergrund soll für die Kinder der Spaß stehen und das unter professionellen Bedingungen“, sagt er, will aber nicht verhehlen, dass es auch wirtschaftliche Interessen gibt.
Deswegen sehen sie das Thema bei der Fortuna relativ entspannt: „Wir glauben, dass die Gründung einer PSG-Fußball-Akademie einen rein kommerziellen Hintergrund hat und deshalb keine Auswirkungen auf unsere Nachwuchsarbeit bei der Fortuna haben wird“, sagt Frank Schaefer, Leiter des neuen Nachwuchsleistungszentrums am Flinger Broich. Zwar gibt es am 22. Juni in Düsseldorf und am 29. Juni in Oberhausen kostenlose Trainingseinheiten, die fünftägigen Kurse im Juli und August kosten pro Teilnehmer aber 199 Euro.
Kritiker sehen ein Geschäftsmodell, das mit (unrealistischen) Träumen von Kindern und vor allem Eltern Geld verdienen will. Da wird eine große Karriere in Aussicht gestellt, doch nur ein verschwindend geringer Prozentsatz schafft es. In Nordamerika ist eine ganze Industrie mit Förderprogrammen für die vermeintliche Nachwuchselite entstanden, jedes Jahr werden Milliarden umgesetzt. Da ziehen Familien um und verschulden sich, um den Kindern die bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen.
Das wissen sie auch beim DSV 04 in Lierenfeld, sehen im Vorgehen der Pariser aber keinen Unterschied zu heimischen Anbietern. Auch hier sprechen Spielerberater und Scouts die Eltern früh an, locken die Kinder zu großen Klubs und stellen Karrieren in Aussicht. Auch hier gibt es kommerzielle Anbieter. „Welche Fußballschule will nicht die Kosten decken oder gewinnbringend arbeiten?”, fragt Norbert Kaufmann, zweiter Vorsitzender beim DSV, „allein in Düsseldorf gibt es mehrere Fußballschulen, die Geld verdienen wollen”. In der Tat gibt es die. Die Fußballschule ZfaF nimmt für ihre fünftägigen Sommercamps bei Schwarz-Weiß 06 oder dem TuS Nord 169 Euro, bei der Fortuna kosten drei Tage am Flinger Broich 149 Euro.
DSV freut sich auf Mieteinnahmen und neue Jugendspieler
Auch die Kritik, dass Paris den hiesigen Vereinen die Talente wegschnappt, empfindet DSV-Vorstand Kaufmann als unbegründet: „Die ziehen doch nicht alle nach Paris, von 1000 Kindern ist vielleicht eins bei, aus dem etwas wird”, sagt er und sieht eher eine Chance für hiesige Vereine: „Die übrigen Kinder verbessern sich und helfen damit ihrem Verein, in dem sie eh spielen bleiben.”
Das sehen nicht alle so. Zumal die PSG-Akademie angekündigt hat, auch dauerhafte „Elite Teams in den Altersklassen U 9 bis U 14” zu installieren, deren Ziel sei die „Teilnahme an Freundschaftsspielen, regionalen, nationalen und internationalen Wettbewerben”. „Ich finde es schon sehr fragwürdig und grenzwertig, wenn demnächst wirklich ein Team in einer deutschen Jugend-Liga mit dem Emblem von PSG auflaufen würde”, sagt Mönchengladbachs Manager Max Eberl der „Bildzeitung”.
Davon wäre auch der Fußballkreis Düsseldorf nicht begeistert. Rein rechtlich wäre der Start in einer deutschen Liga nicht möglich, sagt der Vorsitzende Bernd Biermann. Es wird wohl auch einen Namen wie „DSV/PSG” hinauslaufen. Ganz verstehen kann Biermann die Zusammenarbeit mit dem DSV ohnehin nicht: „Wer sich weiterentwickeln will, muss auf einem gewissen Niveau spielen.“ Und das kann der DSV nicht bieten. Die Teams müssten in der untersten Liga anfangen, weil es bis auf eine U 5 und eine U 7 derzeit keine Jugendteams am Wilhelm-Heinrich-Weg gibt.
Doch das war der Grund, warum sich die Franzosen für den Klub aus Lierenfeld entschieden haben? Wochenlang fuhren die Vertreter von PSG durch Düsseldorf und Umgebung und suchten einen Verein, der ihnen drei Mal in der Woche von 16 bis 18.30 Uhr seinen Platz zur Verfügung stellt. Doch die meisten waren voll. Nur beim DSV nicht, der kaum noch Jugendteams hat. Nun soll sich das ändern, weswegen Vorstand Norbert Kaufmann „nur Vorteile” an der Zusammenarbeit sieht: Erstens verdiene sein Verein Geld durch die Verpachtung des Platzes und eines Büros auf der Anlage, zweitens müssten sich alle Kinder, die dauerhaft für PSG spielen wollen, beim DSV anmelden.
So hofft Kaufmann, „dass wir unseren Namen wieder aufpeppeln können”. Nachdem der jahrelange Mäzen Heinz Schneider 1999 zur TuRU abgewandert war, könne man mit dem DSV „niemanden mehr hinter dem Ofen hervor locken”, sagt Kaufmann. Nun soll der Klub aus wieder zu altem Glanz finden. Der Anfang ist gemacht: Mehr Aufmerksamkeit hat ein Düsseldorfer Amateurverein selten erfahren.