Psychologe: Darum spricht die Fortuna nicht vom Aufstieg

Die Fortuna bleibt beim Thema Aufstieg öffentlich zurückhaltend und verlässt sich lieber auf bekannte Fußballphrasen. Sportpsychologe Thorsten Loch erklärt die Gründe dafür.

Foto: Christof Wolff

Düsseldorf. „Wir schauen von Spiel zu Spiel“, „unsere Konzentration gilt dem nächsten Gegner“ oder „an unserer Zielsetzung hat sich nichts geändert“. Diese Sätze — hin und wieder in leicht abgewandelter Form — sind seit Monaten immer wieder von Trainer Friedhelm Funkel sowie den Spielern von Zweitligist Fortuna Düsseldorf zu vernehmen. Bekannte Fußballphrasen. Klare Aussagen in Richtung Aufstieg werden beim Tabellenführer (noch immer) vermieden. Selbst nach dem Derbysieg beim MSV Duisburg (2:1) am vergangenen Sonntag und mit neun Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz vor den verbleibenden acht Begegnungen.

Doch woran liegt es, dass Profifußballer und Trainer heutzutage klare Aussagen häufig vermeiden und sich in diese Phrasen flüchten? Und wie bewusst werden diese eingesetzt? „Ich habe immer eine Fremd- und eine Eigenwahrnehmung. Der Druck durch die Fremdwahrnehmung kann, wenn ich nicht zu 100 Prozent von mir überzeugt bin, die eigene Kompetenz herunterschrauben. Geht dann etwas auf dem Platz schief, stelle ich meine Fähigkeiten schnell in frage“, erklärt Thorsten Loch. Der Sportpsychologe, der sowohl Individual- als auch Mannschaftssportler berät, weiß aber auch, dass hinter verschlossenen Türen anders gesprochen wird. „Von außen ist das bei einzelnen Fällen schwer zu beurteilen. Aber intern wird meistens anders kommuniziert. Der Gebrauch der Phrasen ist ein Mittel, um dem Druck von außen entgegenzuwirken.“

Dieser ist in Zeiten sozialer Netzwerke und immer weiter gestiegenem Medieninteresse inzwischen ein anderer, wie Loch glaubt: „Früher waren diese Phrasen eine bewusst-defensive Taktik in der Außendarstellung. Heutzutage werden sie eher automatisch gebraucht. Die Fußballer möchten sich nicht angreifbar machen. Und genau das kann gegenwärtig viel schneller passieren als noch vor einigen Jahren.“

Dass auch Friedhelm Funkel nach diesem Prinzip verfährt, überrascht den Sportpsychologen nicht. Auch wenn der Trainer der Fortuna dies noch eher als Taktik gegenüber der Öffentlichkeit machen dürfte. „Es geht in erster Linie darum, zwei unterschiedliche Marschrouten in einem Club zu vermeiden, wenn es um die Definitionen von Zielen geht“, sagt Thorsten Loch. „Jeder Trainer ist in seiner Darstellung anders. José Mourinho beispielsweise nimmt den Druck von den Spielern, indem er total von sich überzeugt auftritt und andere Störfeuer legt. So liegt der Fokus nicht auf der Mannschaft. Jupp Heynckes funktioniert, weil er ruhig ist. Es muss authentisch bleiben.“

Das sind Spieler und Trainer bei der Fortuna noch immer. Doch in nicht allzu ferner Zukunft könnte der Vorsprung so groß und die Anzahl der verbleibenden Spiele so gering sein, dass sich der eine oder andere verbal endlich nach vorne wagt. „Irgendwann kippt das. Entweder wenn der Verein kurz davor ist, sein Ziel rechnerisch zu erreichen oder wenn die Spieler zu 100 Prozent davon überzeugt sind, es zu erreichen“, erklärt Loch. Aber bis dahin wird die Fortuna weiterhin die altgebräuchlichen Phrasen nutzen. Weil das eben so üblich ist.