Fragen und Antworten zu Blatters erneuter Kandidatur
Zürich (dpa) - FIFA-Präsident Joseph Blatter will sich im Mai 2015 als dann 79-Jähriger erneut zum Chef des Fußball-Weltverbandes wählen lassen. Zum bereits fünften Mal.
Wie kann es sein, dass sich ein derart umstrittener und öffentlich gescholtener Funktionär so lange auf seinem Posten hält? Fragen und Antworten zur Personalie Blatter.
2011 kündigte Joseph Blatter an, dass dies seine letzte Amtszeit als FIFA-Boss sein würde. Warum tritt er doch wieder an?
Blatter ist ein machtbewusster - man könnte sagen machtbesessener - Mensch. Der Schweizer gefällt sich in der Rolle als Botschafter des Weltfußballs, gibt sich gerne als Freund der kleinen Mitgliedsländer und lässt sich auf Reisen durch Afrika oder Asien feiern. Im korruptionsgeplagten Weltverband beansprucht er sogar die Rolle des Reformers für sich. Die großspurig angekündigte Grunderneuerung der FIFA ist aber eher ein Reförmchen. Forderungen wie Alterslimit oder Amtszeitbeschränkungen für den Präsidenten wurden nicht umgesetzt. „Meine Mission ist noch nicht zu Ende“, sagte Blatter in Zürich. Fünf der sechs Konföderationen hätten ihn gebeten, erneut zu kandidieren.
Blatter steht in der Öffentlichkeit stellvertretend für ein korruptionsverseuchtes System. Wie kann es sein, dass sich ein derart umstrittener Funktionär so lange auf dem Posten halten kann?
Der gewiefte Taktiker und Strippenzieher schafft es intern, sich immer wieder Unterstützung und damit seinen Machterhalt zu sichern. Selbst wenn die in der Öffentlichkeit als mächtig angesehenen europäischen Verbände auf direkten Konfrontationskurs zu Blatter gehen und sich sogar gegen dessen Wiederwahl aussprechen, gibt es unter den insgesamt 209 Mitgliedsländern noch immer genug Blatter-Freunde. Beim FIFA-Kongress hat jedes Land eine Stimme. Das heißt, die Stimme Frankreichs oder Deutschlands zählt so viel wie die der Britischen Jungferninseln.
Viele FIFA-Funktionäre wurden zuletzt der Korruption beschuldigt und teilweise auch überführt. Wie sauber ist Blatter?
Selbst die Ethikkommission führte bereits Ermittlungen gegen Blatter. Bislang hat er jedoch noch jeden Skandal überlebt. In der ISL-Affäre um Schmiergeldzahlungen an hochrangige FIFA-Funktionäre wurde er im Mai 2013 entlastet. Das Urteil gilt als Freispruch zweiter Klasse. Kritisch hinterfragt werden müsse, ob er „in den Jahren vor dem Konkurs der ISL wusste oder hätte wissen müssen, dass die ISL an andere FIFA-Offizielle Zahlungen getätigt hat“, hieß es in dem Bericht der Ethikkommission. Blatters Verhalten sei „ungeschickt gewesen“, da sich intern ein Aufklärungsbedarf aufdrängte, schreibt Richter Hans-Joachim Eckert.
Wie sicher ist seine Wiederwahl?
Nach aktuellem Stand gelten seine Wiederwahl und damit eine fünfte Amtszeit seit 1998 als sicher. Bis vor wenigen Wochen wurde noch über eine Kandidatur von UEFA-Präsident Michel Platini spekuliert. Doch der Franzose wird nicht gegen Blatter antreten, der inzwischen sein Intimfeind ist. Einziger Gegenkandidat ist nach derzeitigem Stand der ehemalige stellvertretende FIFA-Generalsekretär Jérôme Champagne (56) aus Frankreich, dem aber kaum Chancen eingeräumt werden.
Ist Blatter körperlich fit genug für den Posten?
Anfang dieses Jahres unterzog sich der bald 80-Jährige einem umfangreichen Medizincheck. „Er ist noch jung und mehr unterwegs als Barack Obama“, sagte Franz Beckenbauer jüngst über Blatter. Bei manchem Auftritt der jüngeren Vergangenheit wirkte Blatter aber nicht in Topform. Bei der wichtigsten Pressekonferenz während des Confederations Cups im Sommer 2013 wirkte er müde, erschöpft und fahrig. Bei der Weltfußballer-Gala im Januar nannte er bei seiner Begrüßung das falsche Tagesdatum und stockte peinlich lange Sekunden beim Vornamen eines prominenten Gastes. Dennoch glaubt sich Blatter weiter fit für die Herkulesaufgabe als FIFA-Chef. „Wenn ich mich wohlfühle, möchte ich dem Fußball weiter dienen“, sagte er in Zürich.
Größte Baustelle für die FIFA und für deren Präsidenten ist derzeit die umstrittene WM in Katar. Wie steht Blatter dazu?
Der FIFA-Chef gilt als großer Unterstützer der WM 2022 in dem Wüstenstaat. Eine Drohkulisse mit Boykott oder Neuvergabe lehnt er ab. Zuletzt äußerte er sich erneut äußerst wohlwollend. „Katar nimmt seine Verantwortung als Gastgeber sehr ernst“, sagte er und betonte nach einem Treffen mit dem Emir von Katar, Scheich Tamim Bin Hamad Al Thani: „Es war großartig zu sehen, mit welchem Engagement er und ganz Katar die WM wollen, um für positive soziale Veränderungen zu sorgen und das Gastgeberland und die Region zu bewerben.“
Was mag Blatter lieber: Sommer oder Winter?
Der Schweizer hat sich klar für eine Katar-WM in den Wintermonaten ausgesprochen. Eine Entscheidung über eine mögliche Verlegung wird nicht vor Februar 2015 fallen. Schwierig wird die Debatte mit dem Internationalen Olympischen Komitee wegen eines möglichen Terminkonflikts mit den Winterspielen. Weitaus brisanter könnten allerdings die schwerwiegenden Korruptionsvorwürfe wiegen, mit der sich die FIFA-Ethikkommission befasst. Sollten bei der Wahl Katars Funktionäre bestochen worden sein - und dies öffentlich gemacht werden - wird auch Blatter eine WM in Katar nicht halten können.