Frauen-WM-Effekt spürbar: 39 Prozent mehr Fans
Düsseldorf (dpa) - Trotz des frühen Scheiterns der deutschen Nationalelf bei der Heim-WM im Sommer verzeichnet die Frauenfußball-Bundesliga einen kräftigen Zuschauerzuwachs.
Wie eine Erhebung der Nachrichtenagentur dpa ergab, kamen in der gerade abgeschlossenen Hinrunde im Schnitt 39 Prozent mehr Zuschauer als in der Saison 2010/2011: 75 268 Fans besuchten die 65 Partien der ersten elf Spieltage. Dies entspricht einem Schnitt von 1158 Fans. In der kompletten vorigen Spielzeit hatten 109 986 Besucher (Schnitt: 833) die Stadiontore der zwölf Frauen-Bundesligisten passiert.
Die seit Oktober als neue DFB-Direktorin für den Frauenfußball tätige Steffi Jones ist mit der „positiven Entwicklung“ zufrieden. „Die Steigerung bewegt sich in dem Bereich, den wir realistisch erwarten konnten. Wir sind zu keiner Zeit davon ausgegangen, allein durch die WM würden plötzlich die Stadien der Frauen-Bundesligisten regelmäßig mit Tausenden von Zuschauern gefüllt“, sagt die ehemalige WM-OK-Präsidentin.
Wichtig ist für Jones das ständige Streben nach Verbesserungen. „Die Vereine hinterfragen sich selbst permanent, versuchen das Angebot zu verbessern, Konzepte zu entwickeln, um durch eine Eventisierung der Spieltage die Frauen-Bundesliga zu einem Erlebnis für die ganze Familie zu machen.“ Gepflegt werde der „intensive Austausch zwischen DFB und Liga-Vertretern“.
Deutlich zugenommen hat auch die TV-Präsenz und die Bereitschaft von Sponsoren, sich zu engagieren. „Die öffentliche Wahrnehmung des Frauenfußballs ist durch die WM weiter gestiegen und hat eine neue Qualität erreicht. Darauf lässt sich hervorragend aufbauen“, betont Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt und Ligasprecher. „Wir haben in Frankfurt unser Ziel, die Zuschauerzahl um 30 Prozent zu steigern, mehr als erreicht.“
Auch Lira Bajramaj vom 1. FFC Frankfurt spürt das gestiegene Interesse. „Es ist ein positives Zeichen, dass die WM dazu beigetragen hat, dass mehr Fans zu den Bundesligaspielen kommen“, sagte die derzeit bekannteste Nationalspielerin in einem am Montag auf der DFB-Homepage veröffentlichten Interview. „Oder auch wenn man auf der Straße geht, da werde ich jetzt viel häufiger angesprochen.“
Die Frankfurterinnen, die nach der Hinrunde nur Vierter hinter Meister Turbine Potsdam, FCR Duisburg und VfL Wolfsburg, sind der Zuschauerkrösus der Liga. Der FFC steigerte seinen durchschnittlichen Besuch von 1905 (2010/11) um 54 Prozent auf nun 2943 Zuschauer. Damit liegt Frankfurt klar vor Potsdam (2192/+19 Prozent), Duisburg (1714/+51) und Wolfsburg (1164/+18). Davon kann Bayer Leverkusen nur träumen. Lediglich 389 Fans im Schnitt wollten die Spiele des Tabellen-Schlusslichtes sehen, das als einziger Erstligist sogar einen Besucherrückgang (Vorsaison: 464/-16 Prozent) verzeichnete.
Dass sich nur das Top-Quartett, das auch den Großteil der DFB-Auswahl stellt, größerer Beliebtheit erfreut, ist ein oft verbreiteter Irrtum. Am kräftigsten legten sogar zwei Clubs aus dem unteren Tabellendrittel zu: Der Achte USV Jena mit der neuen Trainerin Martina Voss-Tecklenburg sowie Bayern München als Vorletzter steigerten ihren Ticketverkauf gar um 55 Prozent. In absoluten Zahlen wird aber das bescheidene Niveau deutlich: In Jena kamen 663 Fans im Schnitt, in München 743.
„Bei den Topteams stimmen die Zahlen. Da, wo die Nationalspielerinnen zentriert sind, ist das Interesse weit nach oben gegangen“, stellt die Ex-Nationalspielerin Voss-Tecklenburg fest. Dennoch sieht sie sich in Jena angesichts der guten Voraussetzungen mit dem Mädchenfußball-Internat auf dem richtigen Weg. „Es geht in kleinen Schritten vorwärts“, betont sie. Sehr positiv sei, dass immer mehr ausländische Topspielerinnen in die „stärkste Liga der Welt“ drängen. „Gerade bei den WM-Teilnehmerinnen ist die Bundesliga sehr beliebt, weil sie im Sommer erlebt haben, welch hohen Stellenwert der Frauenfußball bei uns genießt.“