Neid setzt bei der EM auf junge Talente

Vor der EM in Schweden muss die Bundestrainerin viele verletzungsbedingte Ausfälle verkraften.

Essen. Das neue Stadion an der Essener Hafenstraße ist ein kleines Schmuckkästchen geworden. Die Bauarbeiten sind aber noch lange nicht abgeschlossen und befinden sich irgendwo zwischen der fünften und sechsten Bauphase. Vom alten Stadion steht deshalb noch eine Tribüne kurz vor dem Abriss und erinnert an andere, glanzvollere Zeiten von Rot-Weiß Essen.

Dem Bauherren kam es da ganz recht, dass der DFB das erste Vorbereitungsspiel seiner Fußballfrauen für die EM in Schweden (10. - 28. Juli) an der Hafenstraße austragen wollte. Und irgendwie ist der Stadionneubau auch ein gutes Bild für die Situation, in der sich Bundestrainerin Silvia Neid befindet, denn viele Positionen in der Mannschaft sind Baustellen.

Aus dem WM-Kader von 2011 sind nach Rücktritten von Leistungsträgerinnen wie der mehrfachen Weltfußballerin Birgit Prinz, Kerstin Garefrekes, Inka Grings oder Martina Müller nur noch 13 Spielerinnen übrig.

Das Team befindet sich im Umbruch. Zwar hat sich die junge Garde um Celia Okoyino Da Mbabi (24), am Samstag Doppeltorschützin gegen Schottland, längst zu Leistungsträgern entwickelt. Und auch die erst 21-jährige Dszenifer Marozsán vom 1. FFC Frankfurt zeigte gegen Schottland als hängende Spitze eine starke Leistung. Es ist ihre erklärte Lieblingsposition.

Doch verletzungsbedingte Absagen von fünf erfahrenen Spielerinnen, darunter Kim Kulig, die auf der wichtigen Sechser-Position ausfällt, sind ein Problem für Silvia Neid. Simone Laudehr (26) könnte dort spielen. Die Sportsoldatin hat in diesem Jahr aber erst ein Spiel in der zweiten Mannschaft ihres Vereins, dem 1. FFC Frankfurt, absolviert. Die mangelnde Spielpraxis war sowohl ihr anzumerken. Genauso wie Vereinskameradin Fatmire Bajramaj (25), die nach einem Kreuzbandriss lange pausieren musste.

„Insgesamt war ich mit beiden sehr zufrieden“, sagte Silvia Neid, nachdem sie Laudehr und Bajramaj in der zweiten Halbzeit eingewechselt hatte. Da führte die DFB-Auswahl bereits 3:0 und weder Fehlpässe noch fehlendes Timing der beiden Rekonvaleszenten konnten den Sieg der Mannschaft gefährden. „Das kommt wieder, wenn die beiden mehr Spiele gemacht haben“, sagte die Bundestrainerin zuversichtlich.

Bis zum EM-Start sind es noch knapp vier Wochen. Und Simone Laudehr ist guten Mutes, ihren Trainingsrückstand bis dahin aufgeholt zu haben. Die wichtigste Hürde dahin ist aber schon einmal genommen: Das Knie hält. „Ich will, dass die Mannschaft auf jeden Fall Europameister wird“, unterstreicht Laudehr. Auf einen EM-Einsatz würde die 26-Jährige daher verzichten, sollten wieder Probleme mit dem Gelenk auftauchen.

Gesetzt ist Celia Okoyino da Mbabi als Sturmspitze. Darüber hinaus kristallisiert sich mit der gegen Schottland überragenden Anja Mittag, Dszenifer Marozsán und Leonie Maier eine offensive Dreierkette heraus. Erste Alternativen auf den Flügeln dürften Lena Lotzen (19) vom FC Bayern München und Fatmire Bajramaj sein.

Die Viererkette hatte gegen Schottland, ebenso wie Torhüterin Nadine Angerer (34), kaum etwas zu tun. Den beiden Innenverteidigerinnen Annike Krahn (27) und Saskia Bartusiak (30) ist aufgrund ihrer Erfahrung ein Stammplatz wohl sicher.

Die junge Jennifer Cramer (20) von Turbine Potsdam wurde in der zweiten Halbzeit eingewechselt und empfahl sich auf der linken Außenverteidigerposition mit einer starken Leistung. „Jenny Cramer, die mutig in das Spiel ging und viel Dampf über die Außenbahnen gemacht hat, hat mir sehr gut gefallen“, lobte Bundestrainerin Silvia Neid.

Noch zwei Testspiele absolvieren die DFB-Frauen bis zur EM. Am Mittwoch in Paderborn gegen Kanada, und am 29. Juni steht der eigentliche Härtetest gegen den amtierenden Weltmeister Japan in München an. Für diese Begegnung sind bereits 38 000 Tickets verkauft. Neids Baustellen sollten bis dahin geschlossen sein.